Oberhausen. Der Oberhausener Lukas Köhnen hat die Mittlere Reife geschafft - nichts Besonderes für einen normalen Schüler, aber Lukas litt zu Beginn seiner Schulkarriere an einer Aufmerksamkeitsdefizitstörung. Seine Eltern entschieden sich dennoch für eine Regelschule. Lukas' Schlüssel zum Erfolg dort: Motivation von allen Seiten.

Nach der Grundschule standen Lukas Kohnen zwei Möglichkeiten zur Wahl. Der einfachere Weg wäre der Gang auf die Förderschule gewesen. Doch seine Eltern und er entschieden sich für die Risikovariante: Lukas wurde Förderschüler an der Albert-Schweitzer-Hauptschule, die integrativen bzw. inklusiven Unterricht anbietet.

Das jedoch nur bis zum Ende der neunten Klasse, denn der heute 16-Jährige schaffte im vergangenen Schuljahr den endgültigen Sprung in die zehnte Klasse der Albert-Schweizer-Schule. Damit bestand für ihn die Möglichkeit die Schule mit der Fachoberschulreife mit Qualifikation zum Abitur abzuschließen, eine Schulkarriere, die Lehrer so nur selten erleben.

Weil seine schulischen Leistungen so gut waren, hob das Schulamt bereits in der achten Klasse seinen Förderbedarf auf. Seitdem nahm Lukas an Klassenarbeiten teil, wie alle anderen Hauptschüler auch, die Unterstützung blieb jedoch. Jetzt feierte Lukas seinen Abschluss, zur Qualifikation fehlte nicht viel: In Mathe hätte es ein „befriedigend“ statt einem „ausreichend“ sein müssen. Mit einem Durchschnitt von 2,2 ist er jedoch unter dem besten Drittel seiner Klasse.

Angst vor Überforderung

Als Lukas die Nachricht erhielt, er dürfe nach den Sommerferien 2012 die Klasse 10b besuchen, war er erst einmal geschockt, damit hatte er nicht gerechnet. „Die Chance auf eine Fachoberschulreife war mein Traum.“ Gleichzeitig machte sich im Lehrerkollegium die Angst breit, die neue Situation könnte Lukas überfordern, doch der Schüler überraschte alle. „Der Lehrstoff war schon eine Herausforderung. Erst war es schwierig, neuen Themen sofort zu folgen, aber mit der Zeit habe ich das hinbekommen.“

Ohne die Hilfe von Lehrerin Beate Oesterdiekhoof, die Förderschüler an der Hauptschule unterstützt, Berufseinstiegsbegleiterin Elke Weber und Klassenlehrerin Heike Sommerfeld-Bramhoff hätte es Lukas wohl nicht geschafft, sagt er.

Die drei Frauen sind begeistert von Lukas’ Entwicklung. „Als er in die Hauptschule kam, war er verängstigt und schüchtern“, erzählt Beate Oesterdiekhoff. Schlechte Noten auf der Grundschule brachten ihm den Förderbedarf ein. „Ich war faul. Weil ich an einer Aufmerksamkeits-Defizit-Störung (ADHS) litt, war ich nicht in der Lage, Aufgaben zu bearbeiten“, erklärt der Schüler.

Berufsschuljahr in Mülheim

Davon ist heute nichts mehr zu spüren. Fünf mal „sehr gut“ auf seinem Abschlusszeugnis bestätigen Lukas’ Wandel. Die Klassenlehrerin kommt aus dem Schwärmen nicht mehr heraus. „Lukas ist unglaublich fleißig und gut organisiert.“

Motiviert haben ihn seine Eltern, die Lehrer und letztendlich auch er selbst. „Ich habe immer versucht, meine Noten zu halten, wenn möglich zu verbessern.“ Selbst durch Mathematik, seinen Schwachpunkt, kämpfte er sich durch, leicht fiel ihm der Englischunterricht.

„Selten habe ich so einen zuverlässigen und bestrebten Schüler erlebt“, berichtet Berufseinstiegsbegleiterin Elke Weber. „Mit der Ausbildung hat es noch nicht geklappt, aber Lukas macht jetzt ein Berufsschuljahr in Mülheim.“ Der 16-Jährige möchte dort seine Qualifikation nachholen.