Oberhausen. Alle Oberhausener Grundschulen machen mit – und auch immer mehr Eltern melden ihre Kinder an. Mehr als nur „Verwahr“-Maßnahmen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf waren vor zehn Jahren in Nordrhein-Westfalen die Hauptziele der Ganztagsoffensive. Heute liegt der Offene Ganztag auch an den Oberhausener Grundschulen im Trend. „Immer mehr Eltern entscheiden sich für längere Betreuung, und die Angebote werden sehr gut angenommen“, sagt Schulaufsichtsbeamtin Silke vom Bruch.
Nach dem Unterricht bekommen die Kinder ein warmes Mittagessen, können Hausaufgaben machen, für die Schule üben und an zahlreichen Arbeitsgemeinschaften teilnehmen. Längst melden Eltern ihre Kinder nicht mehr allein aus beruflichen Gründen bis zum Nachmittag im Offenen Ganztag an: „Die Kinder werden individuell gefördert, ihre sozialen Kompetenzen gestärkt“, lobt Bruch. Trotzdem ist der Offene Ganztag – gerade wegen strikter Abholungszeiten – nicht unumstritten. Wir beantworten die wichtigsten Fragen:
Wie viele Grundschulen bieten die Offene Ganztagsbetreuung an?
Alle 36 Grundschulen, die es nach der Zusammenlegung im kommenden Schuljahr noch geben wird, nehmen an der Maßnahme teil. Von sechs Förderschulen werden zwei als „Gebundene Ganztagsschule“ und vier als „Offene Ganztagsschule“ geführt.
Wie viele Kinder besuchen in Oberhausen den Offenen Ganztag?
Nach aktuellem Stand wurden für das kommende Schuljahr 3690 Kinder für den Offenen Ganztag angemeldet. Im vorherigen Schuljahr haben 3885 Grundschulkinder teilgenommen. Generell besuchen rund 50 Prozent der Grundschulkinder den Offenen Ganztag.
Was kostet die Teilnahme?
Die Teilnahme am Offenen Ganztag kostet pro Kind 50 Euro, bei mehreren Kindern halbiert sich der Betrag jeweils. Wohngeld-Empfänger zahlen 40 Euro pro Kind, Empfänger sonstiger Transferleistungen nichts. Für das Mittagessen werden zwischen 2,20 und 2,80 Euro fällig.
Werden die Kinder nur „verwahrt“?
Nein, das Angebot der AGs und Förderangebote ist sehr umfangreich. Neben verschiedenen Förderangeboten für den Sprachgebrauch und das Matheverständnis kommen auch Sportangebote und der künstlerische Bereich nicht zu kurz. Judo, Fußball, Handball, Basketball, Reiten, Backen, Kochen, Handarbeiten, Theater und Musical, Inliner, Technikspielzeug, Jungen AG, Mädchen AG, Naturforscher AG und Schach sind nur einige Beispiele. Natürlich sollen die Kinder, nachdem sie ihre Hausaufgaben gemacht haben, auch genug Zeit zum freien gemeinsamen Spiel haben.
Wer stellt das Personal?
Organisiert wird der Offene Ganztag mit Hilfe des Vereins zur Betreuung von Schulkindern, des katholischen Jugendwerks „Kurbel“, der Arbeiterwohlfahrt, dem evangelischen Kirchenkreis und der Caritas Oberhausen. Zwei Schulen stemmen die Betreuung in Eigenregie.
Reicht der Platz?
In einigen Schulen wird es eng: Nämlich dort, wo deutlich mehr Eltern ihre Kinder für die Betreuung anmelden als vor Jahren gedacht. Um den Ansprüchen gerecht zu werden, wurden flexible Klassenzimmer eingerichtet, die bei Bedarf im Nachmittagsbereich genutzt werden. An- beziehungsweise Umbauten für den Offenen Ganztag sind an Grundschulen aktuell nicht geplant.
Was kann ich tun, wenn ich mein Kind noch anmelden möchte?
Wer sein Kind jetzt noch anmelden will, muss sich beeilen: Spätestens am 15. Mai sollten die Anmeldungen bei der Schulverwaltung vorliegen; jetzt sind eigentlich nur noch Nachmeldungen möglich – etwa wenn Mutter oder Vater eine neue Arbeit angetreten haben oder die Familie umgezogen und daher ein Schulwechsel nötig ist. Im Zweifel sollten Eltern bei der entsprechenden Schule nachfragen. Generell ist die Anmeldung für ein Schuljahr verbindlich.
Wie lange werden die Kinder im Offenen Ganztag betreut und wie wird diese Maßnahme finanziert?
An der Frage der Abholzeiten scheiden sich die Geister. Die Kinder bleiben nach dem Unterricht bis 16 Uhr in der Grundschule – an einigen Schulen auch länger. Vor 15 Uhr dürfen Kinder laut Erlass des Ministeriums nur in Ausnahmefällen abgeholt werden. Einem Erlass des NRW-Schulministeriums zufolge bindet die Anmeldung zum Offenen Ganztag für die Dauer eines Schuljahres und „verpflichtet in der Regel zur regelmäßigen und täglichen Teilnahme an diesen Angeboten“. Wenn Eltern die Abholzeiten nicht einhalten, müssten Fördergelder für die Ganztagsplätze zurückgezahlt werden.
Für jedes Schulkind, dass den Offenen Ganztag der Primärstufe besucht, bekommt die Stadt aktuell 935 Euro, für Kinder mit speziellem Förderbedarf 1890 Euro. In diesem Jahr wurden bisher Mittel in Höhe von 4.114.015 Euro beantragt.
An dieser weitgehend strikten Regelung stoßen sich Elternvertreter: Sie fordern immer wieder, dass der Offene Ganztag flexibler werden muss. Dieses Angebot dürfe kein Hindernis sein, wenn die Familie zusammen etwas unternehmen wolle oder wenn Kinder außerschulischen Aktivitäten nachgehen möchten. Erst vor wenigen Tagen kritisierte CDU-Partei-Chef Wilhelm Hausmann beim Kreisparteitag in Oberhausen die unflexible Betreuung im Ganztag.
Das NRW-Schulministerium stellt sich jedoch auf den Standpunkt, dass die Offene Ganztagsgrundschule ein Bildungsangebot darstellt. Deshalb sei es wichtig, dass angemeldete Kinder kontinuierlich daran teilnehmen.
Auch Schulaufsichtsbeamtin Silke vom Bruch ist überzeugt, dass es „pädagogisch nicht sinnvoll ist“, wenn die Gruppen im Offenen Ganztag an verschiedenen Tagen unterschiedlich zusammengesetzt seien: „Wenn Kinder zu unterschiedlichen Zeiten abgeholt werden, ist es schwer, die Gemeinschaft zu stärken und das Konzept durchzusetzen.“ Wichtig für den Erfolg der Maßnahme seien „Verlässlichkeit“ und Planungssicherheit.