Oberhausen. .
Kaum ist es vorbei, springen die Zuschauer auf, applaudieren stehend, fordern Zugaben. Selten löste eine Premiere im Großen Haus beim Oberhausener Publikum so große Begeisterung aus wie „Nowhere Men“, die 60er Jahre Theater-Show von Otto Beatus.
Das „Sixties-Songbook von Männern“ ist eine mitreißende und aufwendige Produktion mit großartigem Bühnenbild (Stefanie Dellmann). Gut zwei Stunden (plus Pause) dauert die Entführung in eine Zeit, in der junge Musiker Hör- und Spielgewohnheiten revolutionierten und die musikalische Entwicklung vieler Altersgenossen – auch die des Otto Beatus’ – entscheidend beeinflussten.
28 Songs neu interpretiert
Beatus am Flügel, eine hochkarätige Band und fünf singend spielende oder agierend singende Ensemble-Mitglieder tragen den Zuschauer durch die Aufführung.
Sehr facettenreich lassen sie das Lebensgefühl einer Generation lebendig werden, indem sie 28 ausgewählte Songs neu interpretieren, passend zur vortragenden Person und zum Stimmvermögen arrangiert. Die „Männer“ (Sergej Lubic, Jürgen Sarkiss, Anja Schweitzer, Peter Waros und Eike Weinreich) machen das voller Elan und Ausdrucksstärke, fast leidenschaftlich. Gespielte Szenen gewinnen zusätzlich durch die Ideen der Kostümbildnerin (Mona Ulrich).
Brian Wilson, David Bowie, Mick Jagger, Keith Richard, Jim Morrison, Bob Dylan – ihre Lieder erzählen, was die Protestler der 60er Jahre bewegte. Sie wollten Grenzen sprengen, provozieren, kämpften gegen die herrschende Sexualmoral, gesellschaftliche Normen, die Kirche, die Plattenindustrie, Vietnam- und Kalten Krieg.
Sie wollten lieber sterben, als alt zu werden.
„Wir werden eine Welt erschaffen, wie sie die Welt noch nie gesehen hat“ (Rudi Dutschke). Zitate bekannter Zeitgenossen, von den Darstellern eingestreut, ergänzen die musikalisch vermittelte Lebenseinstellung dieser Inszenierung. Mit „I’m a Man“, einem Song, der 1965 auf Alben der Yard Birds und The Who erschien, geht’s los, in Anspielung auf den Titel der Show.
Wechselbad der Gefühle
Es folgt „My Generation“ als Aperitif. Erst nach der Pause erklingt „Nowhere Men“, der eigentlich bravste Song der Schau, sehr witzig gebracht und fast zum Mitsingen. Mit „Like a Rolling Stone“, dem Song, der seinem Dylan-Abend 2007 den Titel gab, lässt Beatus das Programm enden. Das ist stimmig: Denn dies ist sein letztes in dieser Art von ihm selbst erschaffene Programm, das er als musikalischer Theaterleiter in Oberhausen in Szene setzte.
Trotz des krassen Wechselbads der Gefühle, von Höhenflügen über Wut und Wahn bis hin zu tiefer Trauer, in die sie getaucht wurden, haben die Zuschauer da noch längst nicht genug.
Sie wollen mehr und bekommen mit „Maggie’s Farm“ (Dylan) mehr , jetzt unverstärkt serviert wie am Lagerfeuer. Dann gibt’s noch einmal „Generation“ zum Abgewöhnen – oder Wiederkommen.
Was für ein Abend!
Weitere Aufführungen werden folgen
Viel Potenzial für die Kult-Vorführung: Die Musiker Peter Engelhardt (Gitarren), Volker Kamp (Bass), Stefan Lammert (Schlagzug), Kai Weinert (Keyboards) sind jedenfalls die Schlüssel zum Erfolg. Denn sie sind in der Lage, einen Klangteppich zu erzeugen, der die Nummern mit modernen Mitteln und zeitgemäß groovendem Sound wieder aktuell erscheinen lässt.
Weitere Vorstellungen von „Nowhere Men“, dem „Songbuch für Männer“, stehen am Mittwoch, 24. April, sowie Donnerstag, 2. Mai, und Dienstag, 28. Mai, jeweils um 19.30 Uhr auf dem Theaterprogramm.
Kartenvorbestellungen sind unter der Telefonnummer 8578-184 möglich. Weitere Aufführungen werden aber sicherlich folgen. Denn es steht schon jetzt fest, dass „Nowhere Men“, wie bislang übrigens alle Beatus- Produktionen, innerhalb kürzester Zeit bereits Kult sein wird – und damit auch meistens ausverkauft sein dürfte.
Wer also noch Karten ergattern will, sollte sich sputen.