Oberhausen. Die schwarz-gelben Honiglieferanten verlieren durch gebeizte Pflanzen ihren Orientierungssinn und verenden. Den langen und kalten Winter dagegen haben die Insekten einigermaßen gut überstanden.

Auf dem Frühstückstisch darf er nicht fehlen: Honig. Ob im Tee oder auf dem Brot, das süße Bienenerzeugnis ist fester Bestandteil unserer Speisepläne. Allerdings könnte das flüssige Gold bald zu einem teuren und vor allem raren Vergnügen werden, wie der aktuell vorgestellte Greenpeace-Report „Bye bye Biene“ belegt: Darin werden sieben in der Landwirtschaft gebräuchliche Pestizide benannt, die laut der Umweltschutzorganisation für das europaweite Bienensterben verantwortlich sind.

Pestizide wirken oft wie Nervengift

Heinz Depping, Imker und Vorsitzender des Bienenzuchtvereins Oberhausen, kennt die Gefahren dieser Mittel: „Diese Pestizide wirken auf Bienen nicht zwingend tödlich. Bei Kontakt wirken sie oft auch wie ein Nervengift, dass bei den Tieren zu Missbildungen und Störungen des Orientierungssinnes führen kann.“ Das hat zur Folge, dass die Bienen nicht mehr in ihren Stock zurückfinden und sterben. Auch die als wenig giftig geltenden Beizmittel seien für die Bienen gefährlich und ein bekanntes Ärgernis für die Imker, so Depping. „Das ist ein gespenstischer Anblick. Der Stock ist vollkommen intakt, aber es befindet sich keine einzige Biene mehr darin, weil sie nicht mehr nach Hause finden.“

Mit Blick auf unsere europäischen Nachbarn fügt er hinzu: „In Frankreich haben Imker es mittlerweile geschafft, dass Beizmittel komplett verboten wurden. So weit sind wir in Deutschland noch nicht.“ Ein Verbot werde zwar zurzeit auf EU-Ebene diskutiert, doch bislang habe sich Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) bei den Abstimmungen enthalten und so ein Verbot blockiert, so Greenpeace.

Weit mehr als Honiglieferanten

Das Bienensterben bezeichnet der Imker, der auch Vorträge im „Haus Ripshorst“ hält, als „ziemliches Dilemma“, angesichts der Wichtigkeit, die sie in der Natur besitzen. Denn: Bienen sind weit mehr als nur Honiglieferanten. Depping: „Ohne Bienen wäre die Vielfalt in der Natur nicht mehr gewährleistet.“ Auch in diesem Punkt stimmt Depping mit dem Greenpeace-Report überein.

Darin heißt es: Rund 75 Prozent der Kulturpflanzen sind von der Bestäubung durch Bienen abhängig, darüber hinaus ein Drittel der Nutzpflanzen. Der extrem lange Winter hingegen hat den Bienen nicht so zugesetzt, wie man vermuten könnte. „Wir hinken zwar enorm hinterher, aber unsere Bienenvölker in Oberhausen haben den Winter gut überstanden“, freut sich Heinz Depping, der selbst Herr über zwölf Völker ist. Allerdings gibt er zu: „Die Zeit wird knapp, die Bienen werden jetzt schon ungeduldig.“

„Als Imker sieht man die Natur mit ganz anderen Augen“

Denn erst ab 14 Grad Außentemperatur fangen die schwarz-gelben Schwerstarbeiter (für ein Glas Honig müssen drei Millionen Blüten bestäubt werden) an zu fliegen. „Und mittlerweile ist die Kraft der Winterbienen fast verbraucht. Die müssen aber noch die erste Generation des Frühjahres aufziehen, und das wird so langsam eng.“ Falls das nicht klappt und kein Nachwuchs in den Bienenstock kommt, stirbt das komplette Volk.

Allerdings sei die Situation noch lange nicht so katastrophal wie im vergangenen Jahr. Deppings Hoffnungen und die der übrigen Imker des mehr als 30 Mitglieder zählenden Vereins, liegen nun auf dem kommenden Wochenende: „Da soll es schön warm werden.“ Ideales Flugwetter für die Bienen also. „Ich habe in den vergangenen Wochen beim spazieren immer mal wieder die Blüten der Pflanzen inspiziert, die sind jetzt bereit, bestäubt zu werden. Als Imker sieht man die Natur mit ganz anderen Augen.“ Fehlen nur noch die Bienen...