Ruhrgebiet. Jetzt finden auch Bienen ihr Zuhause auf der Essener Zeche Zollverein. Wenn das Wetter mitspielt, besteht Hoffnung auf tonnenweise Honig.

Wuchtige Stahlträger und rostrote Wände ragen weit in den blauen Himmel. Die Zeche Zollverein in Essen ist eine Industriebrache, wie sie im Buche – und vor allem oft im Ruhrgebiet steht. Auf den ersten Blick ein eher lebensfeindlicher Fleck, der früher von Metall und Feuer beherrscht wurde. Rund 15.000 Honig-Bienen sehen das allerdings anders und machen jetzt schon mal kurze Testflüge durch ihre neue Heimat.

Sie können es kaum erwarten, das es wieder wärmer wird und sie auf Zollverein zwischen Eisen und Beton richtig auf Futtersuche gehen können. Denn auf dem Zechengelände verstecken sich, wie auf vielen alten Industrieflächen, Blumen, Sträucher und Bäume, die bestäubt werden wollen. Schon in diesem Sommer soll dort, wo früher schwarze staubige Kohle regierte, goldgelber Honig mit dem klangvollen Namen „Honig vom Welterbe Zollverein“ fließen. Den will die RAG Montan Immobilien dann an Kunden verschenken.

Gemeinsam gegen das Bienensterben

Gemeinsam mit dem Naturschutzbund (Nabu) hat die Firma auf ihrem Flachdach gegenüber der Kokerei zwei Bienenstöcke aufgestellt. Allerdings weniger, um hübsche Werbegeschenke im Honigglas zu haben, sondern um Bienen-Fans aus dem Pott zu einem Imker-Netzwerk zusammenzuschließen und so gemeinsam etwas gegen das Bienensterben zu tun.

Auf die Idee kam RAG-Geschäftsführer Hans-Peter Noll durch seinen Sohn, der in Wien studiert. Dort gibt es wie in New York oder London große „Bienen in der Stadt“-Projekte. In Deutschland summt es besonders laut in Berlin, Hamburg, München und Frankfurt/M. Eine Imkerin will die Netzwerk-Idee aus dem Ruhrgebiet bald nach Neuss bringen.

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„Wir wollen ein Bewusstsein für das Bienensterben schaffen“, sagt Ines Mogge, die Projektverantwortliche bei der RAG. Früher hat es 364 Wildbienenarten in NRW gegeben, 45 davon sind ausgestorben, 129 sind gefährdet. Mogge koordiniert das Projekt mit Sabine Zimpel, Leiterin der Nabu-Regionalstelle Ruhrgebiet. Und die hat das Imker-Fieber schon gepackt. „Ich will mir zwei Jungvölker zulegen“, sagt die 42-Jährige. In ihrem Garten in Gelsenkirchen sollen die Stocke stehen.

200 Bienenfans aus dem Ruhrgebiet

Aktuell gehört sie zu rund 200 Bienen-Fans aus dem Ruhrgebiet, die einen Imker-Anfängerkurs bei Dr. Pia Aumeier von der Ruhr-Universität machen. Immer im Blockunterricht, wenn es am Stock was zu tun gibt. So werden die Anfänger im ersten Jahr durchgehend von Experten begleitet. Auf dem Dach der RAG kümmert sich Oliver Häckel um die Tiere. Die beiden Völker hat der 53-jährige Mitarbeiter der Firma aus Ennepetal mitgebracht. Dort hat er seit 2006 sieben weitere Stöcke.

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Doch nicht nur die Firma hat die Imkerei für sich entdeckt: Im Oktober 2012 hat sich der Verein Ruhrstadt-Imker gegründet. Die 33 Mitglieder haben ihre Bienenstöcke teils mitten in Wohngebieten.

Winter hält die Imker auf

Auch Birgit Sonnenschein gehört zum Verein und weiß, dass auch die Großstadt für Bienen kein Problem ist. Sie finden in Blumenkästen und auf Friedhöfen genug Futter. „Oft sind diese Pflanzen sogar weniger von Pestiziden belastet, als auf dem Land.“ Wenn man imkern will, sollte man dringend den Anfängerkurs besuchen, rät sie. Am Anfang mache ein Standort in der Nähe der Wohnung Sinn. „Ein geübter Imker verbringt etwa sieben Stunden pro Jahr am Bienenstock.“

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Von Philip Raillon

Als Anfänger würde man häufig schauen und sich zu viel Arbeit machen. Das sei bei ihr auch so gewesen. Viele Arbeiten sind witterungsabhängig und das ist in diesem Jahr das Problem: „Wegen des Winters haben wir spät angefangen. Die Ernte wird klein ausfallen“, sagt Birgit Sonnenschein.

Auch der Imker auf dem RAG-Dach sieht das so: „Die Bienenvölker auf Zollverein müssen sich zudem erst zurecht finden“, sagt Oliver Häckel. 20 bis 40 Kilo Honig würden die Welterbe-Bienen dieses Jahr produzieren. 2014 könnten es locker 120 Kilo werden.