Oberhausen. .

Zwei Matratzen und drei Plastikstühle – das ist Hina und Kaleem Tariqs Besitz. Seit Januar wartet das pakistanische Ehepaar in seiner (fast) leeren Wohnung darauf, dass das Jobcenter endlich das ihnen zustehende Geld für die Erstausstattung ihrer Wohnung überweist.

Betreut wird das Ehepaar von Sigrid Culemann vom Flüchtlingsrat. Und die ist mittlerweile ratlos. „Mit der Anerkennung als Flüchtlinge sollten die beiden so rasch wie möglich aus der Unterkunft an der Bahnstraße ausziehen“, erzählt Culemann. Mit Hilfe einer „netten Immobilienmaklerin und einer tofften Vermieterin aus Berlin“ hatte Culemann zum 1. Februar eine Wohnung für das Paar finden können. Immerhin durften Tariqs dann sogar ihre Matratzen und die drei schwarzen Plastikstühle aus dem Flüchtlingsheim mitnehmen.

Hausmeisterin spendiert Lampen und Gardinen

Hina Tariq (30) ist studierte Historikerin und war in Pakistan als Lehrerin tätig. Ihr Mann Kaleem (29) ist Software-Entwickler und wartet nach der soeben erfolgten Anerkennung als Flüchtling sehnsüchtig auf die Ausstellung seines Passes. Im April wollen die beiden mit einem Deutschkurs durchstarten, um dann so schnell wie möglich Arbeit zu finden -- Kaleem bei einem IT-Unternehmen, Hina in einer Kindertageseinrichtung.

Die Hausmeisterin der Wohnanlage spendierte dem Paar spontan Deckenlampen und Gardinen. Doch damit endete ihre Glückssträhne und es begann eine wochenlange, nervenaufreibende Warterei. Dabei hatten sich Tariqs schon Ende Januar mit Sigrid Culemann auf den Weg zum Jobcenter gemacht, um alle Formalitäten zu erledigen. „Am 17. März waren Mitarbeiter des Jobcenters dann hier, um sich die Wohnung anzusehen“, erzählt Kaleem Tariq. Doch seitdem herrsche Stille, überwiesen wurde zwar das Geld für den Lebensunterhalt, aber nichts für die Erstausstattung.

Geld soll unverzüglich angewiesen werden

Sigrid Culemann platzte inzwischen der Kragen, sie ging für das Paar in Vorleistung und bestellte eine Couch und ein Schlafzimmer. „Ich konnte mir die leeren Wände und Böden nicht mehr angucken.“

Auf Nachfrage dieser Zeitung bat Josef Vogt, Sprecher des Jobcenters Oberhausen, um Verständnis: „Unsere Mitarbeiter kämpfen mit einem Bearbeitungsrückstand und in diesem Fall waren zwei Leistungsträger zuständig, was die Bearbeitung immer kompliziert.“ Denn Kaleem Tariq habe bis vor kurzem Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezogen. Hina Tariq habe ihre Anerkennung als Flüchtling früher erhalten und deshalb schon vom Jobcenter SGB II-Leistungen bezogen. Vogt versichert: „Wir werden die 1500 Euro, die Tariqs noch zustehen, unverzüglich anweisen.“

Minderheiten werden unterdrückt

Kaleem und Hina Tariq gehören den Ahmadiyya an. Die Ahmadiyya-Bewegung ist eine aus dem Islam hervorgegangene Gruppierung. Sie entstand Ende des 19. Jahrhunderts im indo-pakistanischen Raum.

In Pakistan ist der Islam Staatsreligion. Die Mehrheit der Muslime dort sind Sunniten. „Minderheiten werden stark unterdrückt und dürfen ihren Glauben in der Öffentlichkeit nicht zeigen. Übergriffe gegen Christen und Hindus sind nicht selten“, weiß Sigrid Culemann vom Flüchtlingsrat Oberhausen.

Insgesamt sei das Land von einer Atmosphäre der religiösen Intoleranz geprägt. Die pakistanische Obrigkeit hatte in den 1970er Jahren die religiöse Minderheit der Ahmadiyya zu Nicht-Muslimen erklärt. Folge: Sie dürfen sich selbst nicht als Muslime bezeichnen oder muslimische Praktiken wie das Zitieren islamischer Gebete ausüben. Nach eigenen Angaben gehören den Ahmadiyya im 180 Millionen Einwohner zählenden Pakistan aber noch immer rund vier Millionen Anhänger an.