Oberhausen. Die Familienfreundlichkeit von Unternehmen wird zunehmend zum Erfolgsfaktor. Viele größere Betriebe haben das erkannt, auch in Oberhausen. Doch bei kleineren Firmen hapert es noch mit der Förderung von Karriere und Kind.
Kinder und Karriere müssen kein Widerspruch sein. Denn Mitarbeiter in familienfreundlichen Unternehmen sind produktiver und fehlen seltener. Dies besagt eine aktuelle Studie. Auch in Oberhausen erkennen immer mehr Betriebe, dass langfristiger Erfolg nur zusammen mit einem ausgeprägten Familienbewusstsein möglich ist. „Im Laufe der vergangenen Jahre hat sich da eine Menge getan. Wer seine Mitarbeiter binden will, muss sich mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf beschäftigen“, sagt der Leiter des Büros für Chancengleichheit, Andreas Stahl.
Sozialleistungen immer wichtiger
Nachholbedarf sehen er und andere Experten allerdings noch bei Betrieben mit einer geringen Mitarbeiterzahl. „Viele Kleinunternehmen kümmern sich vorrangig ums Tagesgeschäft und vergessen darüber, an übermorgen zu denken“, weiß Heinz-Jürgen Guß, stellvertretender Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung bei der für Oberhausen zuständigen Industrie- und Handelskammer. „Aber wer das nicht ändert, landet überall, nur nicht in der Zukunft.“ Durch den zunehmenden Fachkräftemangel fielen die Sozialleistungen von Unternehmen immer stärker ins Gewicht. „Viele junge Leute wollen Kinder bekommen. Sie gehen natürlich in die Unternehmen, die ihnen helfen, den Spagat zwischen Familie und Beruf zu meistern.“
Familienbewusstsein hat wirtschaftlichen Nutzen
In familienfreundlichen Firmen sind Mitarbeiter motivierter, weniger krank und kündigen seltener. Bewerber sind besser.
Dies belegt eine Studie des Forschungszentrums Familienfreundliche Personalpolitik.
Dabei müssten familienfreundliche Lösungen nicht zwangsläufig teuer sein, ist Guß überzeugt. „Der Unternehmer muss regelmäßig mit seinen Leuten sprechen und versuchen bei der Arbeitszeitgestaltung flexibel zu sein“, fordert er. Ein weiterer Ansatz könnten Kooperationen sein – beispielsweise wenn sich mehrere kleine Unternehmen zusammenschließen, um eine gemeinsame Kita zu eröffnen.
„Die Kollegen wissen das zu schätzen“
„Alles ist eine Frage des Wollens, des Organisierens und der Unternehmenskultur“, findet Astrid Pohlig. Sie betreut das Büro für Chancengleichheit im Fraunhofer Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (Umsicht), das von der Stadt zum wiederholten Male als „vorbildlich familienfreundliches Unternehmen“ ausgezeichnet wurde. Und in der Tat können die Umsicht-Mitarbeiter auf flexible Arbeitszeitmodelle, Vermittlungshilfen zur Kinderbetreuung, ein Büro mit angeschlossenem Kinderzimmer und eine Kinder-Ferienbetreuung zurückgreifen. „Die Kollegen wissen das zu schätzen“, so Pohlig. „Daher lässt bei uns im Gegenzug keiner um Punkt fünf Uhr den Kuli fallen.“
Sie selbst musste kürzlich eine Dienstreise abblasen, als ihr 19 Monate alter Sohn urplötzlich krank wurde. „Natürlich hat man dann ein schlechtes Gewissen, aber ich konnte ihn so nirgends unterbringen.“ Negative Konsequenzen hatte die Absage nicht.
Es bleibt eine Herausforderung
Ähnlich familienfreundlich sieht sich die Stoag, die 2008 ein dementsprechendes Zertifikat erhielt. Sie offeriert ihren Angestellten flexible Arbeitszeiten im Verwaltungsbereich und Teilzeit-Arbeitsplätze – was sich bezahlt macht. Denn: „Wir profitieren durch eine höhere Zufriedenheit bei den Mitarbeitern“, so Sprecherin Stefanie Knück. Und auch Bilfinger Power Systems ist in diesem Bereich bereits „gut aufgestellt“, wie eine Sprecherin betont. So werden die mehr als 500 Mitarbeiter in der neuen Zentrale am Centro auf ein betriebliches Kinder-Zimmer zurückgreifen können, in dem ihre Sprösslinge im Notfall betreut werden.
Trotz all dieser Fortschritte gilt aber eines weiterhin: „Familie und Job in Einklang zu bringen, bleibt für jeden eine Herausforderung“, so Astrid Pohlig von Umsicht.