Oberhausen. Eine Gesetzesinitiative sieht vor, dass eigens ausgebildete Notfall-Sanitäter Notärzte künftig teilweise ersetzen sollen. Unter anderem soll es den Notfall-Sanitätern erlaubt sein, Medikamente verabreichen zu dürfen. Das stößt in Oberhausen auch auf Widerstand.

Zwischen zehn und 18 Einsätze hat ein Notarzt in Oberhausen pro Tag – das könnte sich in Zukunft ändern. Laut einem neuen Gesetzentwurf sollen künftig Notfall-Sanitäter allein medizinische Eingriffe vornehmen können, die bisher nur von speziell fortgebildeten Ärzten oder unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden durften. Notfall-Sanitäter hätten dann mehr Befugnisse als momentan Rettungsassistenten; ein Notarzt müsste daher möglicherweise seltener zum Einsatz kommen. Doch die Gesetzesinitiative ist höchst umstritten.

„Das System, so wie es momentan in Oberhausen gehandhabt wird, ist hervorragend und funktioniert super“, meint Feuerwehrchef Wolfgang Tingler und signalisiert damit, dass er keinen großen Änderungsbedarf sieht. Je nach Schwere des gemeldeten Notfalls werde in der Leitstelle entschieden, ob nur ein Rettungswagen mit Rettungsassistent und Rettungssanitäter an Bord ausrückt oder ob auch ein Arzt ausgesandt wird. Wenn nötig, treffen Rettungsteam und Notarzt am Einsatzort zusammen. Grundsätzlich seien pro Schicht jeweils zwei Notärzte im Einsatz, ein Dritter könne bei Bedarf angefordert werden.

Oberhausener Rettungsteams schneller als anderswo

„Wir sehen der Entscheidung gelassen entgegen, denn wir sind hervorragend organisiert“, ist auch Stefan Overhagen, stellvertretender ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes, überzeugt. Im Gegensatz zu einigen Nachbarstädten, in denen die Notärzte zwischen den Einsätzen regulären Dienst im Krankenhaus verrichten, seien sie in Oberhausen auf den Feuerwachen stationiert: „Ich schlafe sozusagen Ohr an Ohr mit meinem Auto“, erklärt Overhagen. So könne er deutlich schneller am Einsatzort sein, als Kollegen, die andernorts noch durch das ganze Krankenhaus zur Straße rennen und sich im schlimmsten Fall vorher noch umziehen müssten. „Der Zeitfaktor ist nicht zu unterschätzen.“

Overhagen bestätigt, dass in manchen Fällen – bei lebensbedrohten Patienten – von Rettungsassistenten auch heute schon Aufgaben des Notarztes übernommen würden: „Qualifizierte Rettungsassistenten dürfen etwa einen venösen Zugang legen, Patienten intubieren und auch unsere halb-automatischen Defibrillatoren verwenden.“ In Zukunft sollen, so der Plan der Bundesregierung, Notfallsanitäter auch Medikamente verabreichen dürfen – das ist nach geltendem Recht nicht erlaubt. „Grundsätzlich leiten Rettungsassistenten die ersten Schritte für die Versorgung des Patienten ein und bereiten weitergehende Maßnahmen vor“, erklärt Overhagen.

Rotes Kreuz steht Initative offen gegenüber

„Wenn eine qualifizierte Ausbildung zu Grunde liegt, können Kompetenzen übergeben werden“, meint DRK-Sprecher Jörg Fischer, der die Gesetzesinitiative grundsätzlich befürwortet. Schließlich könnte es Situationen geben, in denen Notärzte nicht immer sofort vor Ort seien. In Oberhausen seien die DRK-Mitarbeiter zwar nicht im Rettungseinsatz aktiv, grundsätzlich aber seien alle Helfer motiviert und sicher auch bereit für eine umfassendere Ausbildung. Generell sei eine verbesserte Qualifizierung des Personals immer zu begrüßen. ernsthafte Sorgen, dass die geringere Erfahrung zu Schwierigkeiten führt, hat Fischer nicht: „Bei medizinischen Eingriffen kann es immer zu Komplikationen kommen. Ein Restrisiko bleibt immer.“