Oberhausen. . Die Spitzenkandidatin der Grünen Bärbel Höhn verteidigt unter anderem auch auf Twitter weiterhin ihre Praktikantensuche - und nicht nur das: Statt diesen Fehltriff irgendwie zu entschuldigen, versucht sich die Politikerin mit rhetorischen Tricks und Ausflüchten aus dieser Affäre zu ziehen.

Ob größere Krisen, kleinere Fehler oder Dummheiten – viele Spitzenpolitiker schaffen es erstaunlich häufig nicht, einen Missgriff klar zuzugeben und damit eine heikle Phase gut zu überstehen. Mit ihrem Fehler-Management reiten sie sich oft tiefer rein.

Auch Bärbel Höhn, Spitzenkandidatin der Oberhausener Grünen im Wahlkreis Oberhausen/Dinslaken, versucht mit allen Mitteln auf ihrem Twitter-Kanal, sich der Kritik am als „Praktikum“ bezeichneten 4-Euro-Billigjob zu entziehen – doch mit jeder Äußerung beschädigt sie eher ihre Glaubwürdigkeit, als dass sie aus der Misere herauskommt. Wir dokumentieren Auszüge ihrer Aussagen auf Twitter als Lehrstück, mit welchen taktischen Tricks Politiker versuchen, sich aus einer unbestreitbaren Tatsachenlage herauszuwinden.

1. Trick – Zweifel streuen: „Interessanterweise hatte es der Journalist nicht nötig, vorher bei mir anzurufen. Einiges ist falsch an dem Artikel“, schreibt Höhn. Später sendet sie sogar: „Am WAZ Artikel ist vieles falsch.“ Was da aber alles so falsch sein soll, schreibt sie nicht und sagt sie auch nicht im späteren Telefonat mit WAZ-Redakteur Frank Helling. Warum überhaupt ein Anruf bei ihr notwendig gewesen sein soll, begründet sie auch nicht: Die Tatsachen lagen ja schriftlich in Form der Stellenausschreibung vor – und zudem wurde dazu für den ersten Artikel der zuständige Oberhausener Kreisverbandchef Andreas Blanke befragt.

2. Trick – Verantwortung abschieben: „Nicht ich, sondern mein Kreisverband will ein Praktikum“, schreibt Höhn. Sie verweist auf die rein formale Zuständigkeit des Oberhausener Kreisverbandes der Grünen mit Parteichef Andreas Blanke an der Spitze. Doch gesucht wird ja gerade jemand, der den Bundestagswahlkampf im Wahlkreis Oberhausen/Dinslaken mitorganisiert – und dessen Spitzenkandidatin heißt: Bärbel Höhn. Sie behauptet später im Twitter-Kanal sogar: „Habe die Ausschreibung weder gekannt noch zu verantworten.“ Dabei hat Bärbel Höhn am 21. Januar auf Twitter für den Job geworben: „Mein Kreisverband in Oberhausen sucht noch einen Praktikanten bzw. eine Praktikantin für die Bundestagswahl.“

3. Trick – Fehler klein reden:

„Werde den Kreisverband Oberhausen bitten, die Ausschreibung für das Praktikum so zu ändern, dass es keinerlei Unklarheit über das Arbeitsprofil gibt“, meint Höhn. Natürlich geht es hier nicht um ein paar Details, sondern darum, dass ein Student mit Anforderungen wie für einen Profi-Kommunikations-Manager ein halbes Jahr bei den Grünen in der arbeitsintensivsten Zeit der Politik tätig sein soll – und er dafür nur einen Billiglohn von vier Euro pro Stunde erhalten soll.

4. Trick – Ablenkungsmanöver starten, indem man auf politische Gegner verweist: „Wir haben als grüne Bundestagsfraktion eine Selbstverpflichtung Faire Praktika beschlossen, an die ich mich natürlich halte. Was macht die FDP?“ Und: „Ich warte immer noch auf Antwort von Volker Wissing (FDP) und Markus Schulte (Junge Union), was FDP- und CDU-Bundestagsabgeordnete für Praktikanten zahlen“, twittert Höhn. Feinde waren schon immer gut, die eigenen Reihen geschlossen zu halten.

5. Trick - sich ahnungslos stellen. „Der DGB fordert für Praktika 300 Euro im Monat, ich zahle als grüne Bundestagsabgeordnete 300 Euro. Mein Kreisverband will 400 Euro im Monat zahlen. Wo ist das Problem?“ Dabei weiß Höhn genau,worum es geht: Angesichts des Anforderungsprofils der Grünen-Stelle handelt es sich um kein Praktikum, sondern um einen Teilzeitjob.

Selbst Roland Tichy, Chefredakteur der „Wirtschaftswoche“ und ausgewiesener Gegner eines Mindestlohns, wurde es bei den Sätzen auf dem Höhn-Twitter-Kanal zu bunt: „Ich finde, eine Entschuldigung wäre angemessener gewesen als Verantwortung zu leugnen“, schreibt er an Höhn. „4 Euro für einen Profi sind unanständig. Praktikant ist nur eine Ausrede.“ Höhn entgegnet ihm auf Twitter: „Praktikant ist keine Ausrede, sondern wird gesucht. Das Arbeitsprofil war eindeutig falsch, aber 400 Euro sind nicht schlecht.“