Oberhausen. Ab Februar stehen für rund 1800 Oberhausener Kinder die Anmeldungen für die weiterführenden Schulen an. Welche Kriterien sollten die Schulwahl bestimmen? Die NRZ sprach mit einem Fachmann.
Für rund 1800 Oberhausener Viertklässler beginnt im Sommer ein neues Kapitel ihrer Schullaufbahn. Realschule, Gymnasium, Gesamtschule? Welche Schule soll’s denn sein?, ist die Frage, die in diesen Tagen in vielen Familien diskutiert wird. Die NRZ sprach mit dem Diplom-Psychologen Claus-Peter Theilig, Leiter der Regionalen Schulberatungsstelle, darüber, was bei der Schulwahl zu beachten ist.
1. In Oberhausen sind zum nächsten Schuljahr keine Anmeldungen an Hauptschulen mehr möglich. Manche Eltern befürchten nun, dass ihre Kinder an einem größeren Schulsystem wie der Gesamtschule „untergehen“ könnten. Ist diese Sorge berechtigt?
Diese Befürchtung ist weit verbreitet, aber unnötig. An allen großen Schulen gibt es kleinere Untereinheiten – etwa ein eigenes Haus für Schüler der Klasse 5 und 6 oder eine eigene Dependance für die Unterstufe. Es ist eine alte Erfahrung, dass sich Kinder ihre eigene Umgebung aufbauen, ihr Territorium besetzen. Die Angst vor großen Systemen ist eher die Angst von Erwachsenen, nicht die von Kindern.
2. Freundin A. oder Freund B. werden ans Gymnasium wechseln. Das eigene Kind möchte mit den Freunden zusammenbleiben. Sollte das eine Rolle in den Überlegungen spielen?
Das kann in jedem Fall nicht die erste Rolle spielen. Die Entscheidung über die Schulwahl liegt bei den Eltern, ein Kind kann eine solche Entscheidung nicht überblicken. Ihre Wünsche sind Momenthaltungen. Als Elternteil würde ich es mir zu leicht machen, einfach zu sagen: Mein Kind wollte unbedingt aufs Gymnasium, dann lassen wir es das mal probieren. Wenn das Kind allerdings Freunde hat, die leistungsmäßig ganz ähnlich einzustufen sind, dann ist es okay, wenn sie an die gleiche Schule wechseln möchten.
3. Welche Quellen sollten Eltern zur Information in Sachen Schulwahl nutzen?
Erste gute Hinweise liefern meist die Grundschulgutachten. Lehrer, die das Kind kennengelernt haben, beschreiben, wie es lernt. Das lässt auch Rückschlüsse auf möglicherweise zu erwartende Schwierigkeiten zu. Auch die Eltern selbst haben über die bisherige Schullaufbahn ihres Kindes Erfahrungen sammeln können, wie es etwa um die Bereitschaft des Kindes bestellt ist, sich anzustrengen. Ein solcher Lernwille ist zum Beispiel eine entscheidende Voraussetzung fürs Gymnasium.
Darüber hinaus sollten Eltern alle ihnen zur Verfügung stehenden Quellen nutzen, um sich zu informieren: Auf der Internetseite des Schulministeriums gibt’s Informationen zu allen Schulformen. Außerdem sollten sich Eltern, die im Zweifel sind, mit den weiterführenden Schulen im Vorfeld beraten und im Internet einen Blick auf die Schulprofile werfen. Das alles kann einem schon viel weiterhelfen.
4 .„Bloß nicht Schule XY! Die hat einen ganz schlechten Ruf.“ Solche Einschätzungen kursieren über manche Schule. Was ist davon zu halten?
Gar nichts. Auf das so genannte Image der Schule sollte man besser nichts geben. Solche Volksweisheiten liefern allenfalls einen vagen Hinweis darauf, wie’s da irgendwann mal war – das gilt übrigens im Schlechten genauso wie im Guten.
5. Ganztagsschule oder besser nicht? Und was ist mit der Entfernung von zu Hause?
Die Schule muss ganz einfach zur Familiensituation passen. Wenn Über-Mittag-Betreuung gebraucht wird, etwa wegen der Berufstätigkeit beider Elternteile, dann sollte das Ganztagsangebot sicher eine Rolle bei der Entscheidung spielen Aber man muss auch sagen: Ganztag ist anstrengend, vor allem weil in den Schulen häufig Rückzugsräume fehlen. Das bedeutet, dass die Kinder ununterbrochen im Sozialkontakt stehen.
Und was die Entfernung angeht: Die Fahrerei muss in verträglichem Maß sein. Man sollte ein Kind damit nicht überfordern. Wenn der Weg zu lang ist, wird auch die Zeit, die das Kind außerhalb der Familie verbringt, zwangsläufig länger.
6. Was gibt es sonst noch zu beachten?
Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass die meisten Eltern ein recht gutes Gespür dafür haben, welches Schulsystem gut für ihr Kind ist. Diesem Bauchgefühl sollten sie ruhig trauen. Wichtig ist, dass sich die Eltern einig sind. Die Schulwahl sollte nämlich einstimmig sein, denn die familiäre Haltung zur Schule ist mitentscheidend für den Schulerfolg.