Oberhausen. Im Winter steigt die Unfallgefahr. Aber wer haftet bei Stürzen? Wer auf einem spiegelglatten Gehweg stürzt und sich verletzt, hat nur in bestimmten Fällen Anrecht auf Schmerzensgeld. Eine Übersicht.

Spiegelglatte Straßen, vereiste Fußwege – dieser Tage wird der Spaziergang immer wieder zur Rutschpartie. Für die 76-jährige NRZ-Leserin Gisela Theisen endete der Gang über die Rothebuschstraße am Mittwochabend im Krankenhaus. Ein Bein ist gebrochen, am nächsten Morgen folgt eine Operation. „Die Straße war blitzeblank, hier wurde kein Krümel gestreut“, moniert ihr Mann Karl Theisen.

Wer haftet?

Haftet in einem solchen Fall nun die Stadt, weil die Straße nicht geräumt wurde? Oder hätte die ältere Dame noch vorsichtiger laufen müssen? Ein Blick auf die Verantwortlichkeiten:

Hauptstraßen werden zuerst geräumt

Schneit es, werden die Hauptverkehrsstraßen, auf denen öffentliche Verkehrsmittel unterwegs sind, zu allererst geräumt. Es folgen alle anderen „verkehrswichtigen Straßen“ – Nebenstraßen sind erst als letztes dran: „Hier wird nur ganz nachrangig geräumt“, erklärt Michael Schüll, Sprecher der Wirtschaftsbetriebe Oberhausen, an die die Stadt ihre Räumpflicht delegiert hat. Es kann also vorkommen, dass hier auch bei heftigem Schneefall gar kein Räumfahrzeug vorbeikommt – wie auch in dem Abzweig der Rothebuschstraße, in dem Gisela Theisen gestürzt ist.

„Mit einem GPS-Sender können wir genau verfolgen, wann welches Fahrzeug wo gestreut hat“, sagt Schüll. Könnte die Stadt nachweisen, dass eine Straße nur deshalb spiegelglatt war, weil andere Straßen Vorrang hatten, wurde keine Pflicht verletzt. Vor Gericht wäre die Stadt dann wahrscheinlich „aus dem Schneider“. Genau, wie wenn man auf einer geräumten Straße gestürzt ist – die Verantwortung liegt dann bei einem selbst.

Anspruch auf Schmerzensgeld

Hat die Stadt oder ein privater Verantwortlicher seine Räumpflicht aber tatsächlich verletzt, hätte die geschädigte Person Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadenersatz. Deshalb heißt es: Anwalt einschalten, rät Ingo Aulbach vom Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute.

Wichtig seien ein Attest vom Arzt, um die Höhe des Schmerzensgeldes zu berechnen und ein Foto der beschädigten Gegenstände – Jacke, Hose, Handy – für den Schadenersatz. Es sei hier übrigens egal, ob man im Dienst oder privat stürzt – die Haftung sei dieselbe.

"Jeder trägt eine Eigenverantwortung"

Etwas anders sieht es aus, wenn rauskommt: Die Verletzte war bei Schnee und Eis mit Stöckelschuhen unterwegs. „Das könnte dann als grobe Fahrlässigkeit ausgelegt werden – man habe so einen Unfall billigend in Kauf genommen“, erklärt Aulbach. Es sei doch wie mit der Winterausrüstung eines Autos: „Da braucht man ja auch Winterreifen, Eiskratzer und ‘ne Schaufel. Genauso sollte man festes Schuhwerk tragen und vorsichtig laufen.“ Jeder trage also eine gewisse Eigenverantwortung – inwiefern diese einfließt, sei dann „Ermessenssache im Einzelfall“.