Oberhausen. Die Polizei sucht nach Zeugen für Attacke auf Konzertbesucher. Und ein Geschädigter kritisiert die Ermittler, weil sie den Angriff gegen ihn nicht als politisch motiviert einordneten - obwohl er das zu Protokoll gegeben haben will. Polizei und Staatsschutz fehlt nach dem Angriff offenbar weiter jede Spur.

Wie konsequent wird rechtsextreme Gewalt in Oberhausen verfolgt? Am vergangenen Sonntag sollen zwei Konzertbesucher am Hauptbahnhof von einer zwölfköpfigen Gruppe Neonazis krankenhausreif geschlagen worden sein. Doch der Polizei und dem inzwischen eingeschalteten Staatsschutz in Essen fehlt offenbar noch jede Spur.

Betroffene schalten Anwalt ein

Nun wird Kritik laut: Die Polizei habe die Situation verkannt und Streifenbeamten seien sogar nicht ausreichend ausgebildet, politisch motivierte Straftaten zu erkennen. Das bemängeln sowohl die Betroffenen als auch die Dortmunder Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt „Back Up“, an die sie sich nun gewandt haben. Ein Rechtsanwalt ist ebenfalls eingeschaltet.

Denn so richtig fassen kann es Christian S. (Name geändert) als Geschädigter nach einer Woche Krankenhausaufenthalt noch nicht, dass die Polizei die Straftat zunächst als unpolitisch und seine Verletzungen als nur „leicht“ bewertete: „Ich lag auf dem Boden, wartete auf den Notarztwagen, der mich ins Krankenhaus bringen sollte, mein Gesicht war geschwollen“, schildert er dieser Redaktion – so wie er es der Polizei erzählt haben will.

Opfer kam schwerverletzt ins Krankenhaus

Auch die lautstarken Rufe der Täter „Wir sind Deutsche“ und „Anti-Antifaschista“ will Christian S. deutlich zu Protokoll gegeben haben. Dagegen sagt die Polizei, man habe sie nicht darauf hingewiesen, dass Rechtsradikale an der Schlägerei beteiligt gewesen seien. Die Verletzung seien zudem nicht als schwer erkennbar gewesen, gibt Sprecher Peter Elke an.

Nun, da die Sache öffentlich geworden ist, erlebt Christian S. die Polizei als „genervt, wenn ich dort anrufe und zu den Ermittlungen nachfrage“. So wandte er sich an die Beratungsstelle „Back Up“.

Dunkelziffer wird deutlich höher eingeschätzt

Es ist nicht die erste rechtsradikale Straftat in Oberhausen in diesem Jahr, weiß Claudia Luzar, wissenschaftliche Leiterin von „Back Up“, zu berichten – sondern bereits die dritte. Die Täter seien zum Teil zwar ermittelt, doch erst Anfang nächsten Jahres wird der erste – ein offenbar rassistisch motivierter Überfall auf einen Schwarzafrikaner – vor Gericht kommen.

Drei Taten scheinen auf den ersten Blick wenig zu sein, doch die Dunkelziffer der nicht gemeldeten oder sogar unerkannten Straftaten von Rechtsextremen schätzt Luzar weitaus höher ein. Dafür sprächen zwei Gründe: Einige Betroffene seien erstens skeptisch gegenüber der Polizei sowie dem Erfolg von Ermittlungen. Eine Befürchtung, die, zweitens, nicht ganz unbegründet scheint: „Die meisten Streifenpolizisten sind nicht ausreichend geschult, um die Zeichen rechtsextremer Straftaten zu erkennen“, bemängelt Claudia Luzar.