Oberhausen. Zum 4. Oberhausener Wirtschaftsforum wurde Trend-Analyst Andreas Steinle eingeladen. Von ihm lernten die Unternehmer, dass es in Zukunft keine Trennung mehr zwischen Arbeit und Leben geben wird: Freizeitoasen ermöglichen das “Surfen in der Mittagspause“.

Zukunftsforscher wie der bekannte Matthias Horx sind moderne Wanderprediger, die gerne bundesweit in Vorträgen schicke Wörter wie Kreativität, Selbstbestimmung, Vernetzung, Kooperation zu einfachen Merksätzen über Megatrends verrühren, die sie dann anschaulich ihrer Zuhörerschar vermitteln.

Illustre Diskussionsrunde

Einen solchen Trend-Analysten namens Andreas Steinle vom Kelkheimer Zukunftsinstitut hatte die Wirtschaftsförderung (WFO) zum 4. Oberhausener Wirtschaftsforum eingeladen - und dazu eine illustre Diskussionsrunde von Wissenschaftlern und Managern gesellt.

"Surfen in der Mittagspause"

Gut 200 Unternehmer lernten von Steinle, dass es künftig keine Trennung mehr zwischen Leben und Arbeiten geben wird („Das findet überall statt“), dass in den Städten wieder die Bereiche Wohnen, Leben, Arbeiten zusammenwachsen, dass Großstädte wie Kopenhagen deshalb Freizeitoasen (etwa Wasserflächen) in der Nähe der Büroarbeitsplätze entwickeln („Surfen in der Mittagspause“), dass Netzwerken und Vernetzen der Mega-Trend der Zeit ist, dass man mit Analysen zum Datenwust der Sozialkontakte im Netz Kunden gewinnen kann – und dass die Fähigkeit zur kreativen Kooperation das Kapital einer Gesellschaft darstellt.

"Hirn schlägt Geld"

Steinle hatte gar ein Beispiel aus Oberhausen parat: Kreative durften in den Bahnhofsturm einziehen und reparierten dafür mit findigen Technikern die Bahnhofsuhr. Ein Erfolgsprojekt einer anderen Stadt sei, Altenheim und Kindergarten in einem Haus unterzubringen, damit Alte und Junge mehr Lebensfreude haben. „Brain beats Budget“ („Hirn schlägt Geld“) tröstet Steinle die arme Stadt.

Mehr kreativer Freiraum

So kunterbunt ging es auch in der Diskussion mit Reflect-AG-Vorstand Hartmut Scholl als Moderator zu. Der Sauerländer Prof. Hennig Zoz, Chef der Nanowerkstoff-Firma Zoz, kritisierte die Höhenflüge von Steinle, der von Managern mehr kreativen Freiraum für die Beschäftigten verlangte statt mehr Kontrolle. Dagegen Zoz: Wer nur noch digital kreativ netzwerke, habe keine Zeit fürs echte Leben und sei im Alltag oft nicht einsetzbar. „Wir brauchen auch Leute, die die Kartoffeln vom Acker holen“

"Playstation- Generation"

Jürgen Vinkenflügel, neuer Leiter der MAN-Turbo-Sparte Prozessindustrie und Chef des Oberhausener Werkes, betonte, man sei zwar selbst im bodenständigen Maschinenbau auf kreative Leute angewiesen, um alle Produkte besser zu bauen als bisher. Doch er warnte davor, die „Playstation-Generation“ zu überschätzen. „Die heutigen Azubis können zwar Werkzeugmaschinen programmieren, doch viele sind mit so viel Freiraum aufgewachsen, dass sie keinen Frust mehr aushalten.“

Bei solch erdigen Aussagen rät Dirk Markus, Chef der Beteiligungsfirma Aurelius, der Stadt Oberhausen, nicht den Fehler zu machen, nur auf kreative Dienstleistung zu bauen. „Setzen Sie weiter auf Industrie, die zieht Dienstleistungsaufträge nach sich.“

Leicht gesagt, schwer getan.