Oberhausen. .

Ohne Besucherausweis, Sicherheitsschuhe und den gelben Schutzhelm mit integrierter Brille geht hier nichts. Hier, dass ist bei MAN Diesel & Turbo in Oberhausen, einem der weltweit führenden Hersteller von Turbomaschinen. Eine Gruppe von WAZ-Lesern bekam dort am Mittwoch eine ziemlich exklusive Führung über das Firmengelände. Einer von ihnen ist Wolfgang Sprock, 35 Jahre hat er für MAN vor Ort gearbeitet. Im Rahmen von „WAZ öffnet Pforten“ bekommt er die Chance seinen alten Arbeitsplatz mal wieder zu besuchen: „Mal gucken, was sich in den letzten fünf Jahren verändert hat“, freut sich Sprock.

Bevor es in die Fertigung geht, erklärt Peter Siemons, Leiter der Führung: „Unsere Turbomaschinen funktionieren im Prinzip wie ihr Fön.“ Und mit einem spitzbübischen Grinsen schiebt er hinterher: „Nur sind sie etwas größer.“

Wie ein großer Fön

Einige der bei MAN Turbo hergestellten Turbinen sind so gewaltig, dass sie den gesamten Gasometer in 20 Minuten komplett mit Luft füllen könnten - und der fasst immerhin 347 000 Kubikmeter. Genau wegen dieser gewaltigen Maschinen ist der Standort in Oberhausen für die Bedürfnisse von MAN Turbo optimal. Denn dank der Nähe zum Rhein-Herne-Kanal dauert es nur zehn Minuten die tonnenschweren Maschinen per Schwerlasttransport zu verschiffen und anschließend über Wasserwege in die ganze Welt zu schicken.

In der Fertigungshalle warten anschließend gewaltige, gegossene Turbinengehäuse auf die Leser, außerdem Hightech-Geräte zur mehr als millimetergenauen Vermessung der Gehäuse. „Aber“, erklärt Siemons „auf menschliche Handarbeit werden wir auch in Zukunft nicht verzichten können“. Einige Arbeiten sind so komplex, dass sie von Maschinen einfach nicht ausgeführt werden können. An allen Ecken und Enden der Halle wird geschweißt, es dröhnt, hupende Gabelstapler fahren umher - und mittendrin lauter begeisterte Leser. Fasziniert sind die Besucher vor allem von der Fertigung der Turbinenschaufeln. Dort werden die einzelnen Schaufeln unter Aufsicht eines Mitarbeiters von einer Maschine zugesägt. Jede einzelne Schaufel ist ein Unikat und derart an die Strömung der angesaugten Luft angepasst, dass diese ideal genutzt werden kann.

Nachbau schwer gemacht

„Kann man das nicht einfach nachbauen?“, fragt ein kritischer Leser. „Sie können sich natürlich einen Laserscanner kaufen und die Schaufeln scannen. Dann haben sie eine genaue Skizze. Aber so wissen sie noch lange nicht, warum wir welches Material genommen haben und was wir uns bei der Konstruktion gedacht haben“, erklärt Siemons, warum es eben doch nicht ganz so leicht ist, MAN Turbo die Ideen zu klauen.

Nach der Fertigungshalle geht es rüber in die erst anderthalb Jahre alte Servicewerkstatt. Hier werden vor allem alte, reparaturbedürftige Rotoren und Gehäuse angeliefert. „Turbomaschinen halten unglaublich lange. Die älteste Maschine läuft seit 1938 in Österreich“, erklärt Siemons. So alt ist hier zwar keine der beschädigten Turbinen, 30 oder 40 Jahre können es aber schon mal sein, meint Siemons. WAZ-Leser Werner Rosker, der über 35 Jahre bei MAN Turbo gearbeitet hat und seit 1995 im Ruhestand ist, spekuliert: „Vielleicht sind hier auch Rotoren, die ich selbst mal montiert habe.“ Die Instansetzung ist jedenfalls ein großes Zukunftsfeld für MAN Turbo. Schließlich werden die Geräte mit der Reparatur auch modernisiert und dadurch energieeffizienter.

Zukunftsgeschäft Reparatur

Zum Abschluss ihrer Führung dürfen die WAZ-Leser noch ein versandfertiges Großpaket bestaunen. Es ist von massiven Holzwänden umschlossen, enthält ein Gehäuse samt Turbine und wiegt 189 Tonnen. Bald wird ein Schwerlasttransporter es zum Rhein-Herne-Kanal bringen.

Anschließend ist die Tour, zum Leidwesen der Leser, auch schon an ihrem Ende. Auch Peter Siemons ist mit der Führung zufrieden: „Die Leser waren sehr interessiert. Schön auch, dass einige ehemalige Mitarbeiter da waren. Das zeigt, dass wir immer noch ein Teil von Oberhausen sind.“

2010 fusionierte MAN Turbo mit der MAN Diesel zur MAN Diesel & Turbo mit Sitz in Augsburg. Der Standort in Oberhausen produziert vor allem Kompressoren und verschiedene Turbinenarten. Letztere sind auch für die Stromerzeugung, etwa mit Öl, Gas oder in Solarkraftwerken, notwendig.

MAN Turbo ging aus der Gutehoffnungshütte (GHH) hervor, die bereits 1814 in Oberhausen Dampfmaschinen gebaut hat.