Oberhausen. Ein 74-jähriger Oberhausener hatte im April seinem Nachbarn Salzsäure ins Gesicht gespritzt. Das Landgericht wies ihn dafür nun unbefristet in eine geschlossene Einrichtung ein. Der Rentner hatte sich vor seiner Tat durch laute Geräusche belästigt gefühlt. Diese waren jedoch nur eingebildet.

Weil er sich von seinem 44-jährigen Nachbarn durch laute Geräusche belästigt fühlte, griff ein 74-jähriger Oberhausener am 17. April zu einer Flasche mit 31-prozentiger Salzsäure und spritzte sie dem vermeintlichen Ruhestörer ins Gesicht. Wie durch ein Wunder trug der Geschädigte keine bleibenden Schäden davon. Den 74-Jährigen wies das Landgericht unbefristet in eine geschlossene psychiatrische Einrichtung ein.

Am Ende der dreitägigen Beweisaufnahme hatten die Juristen keinen Zweifel gehabt, dass der Beschuldigte unter dem Einfluss von Wahnvorstellungen gehandelt hatte. Außer ihm hatte niemand das Dröhnen aus der Nachbarwohnung an der Oldenburgerstraße gehört.

Lärm existierte nur im Kopf

Mehrfach hatte der 74-Jährige die Polizei bemüht und auch einen Anwalt eingeschaltet, um gegen den Lärm vorzugehen. Doch der existierte nur in seinem Kopf. Als nichts fruchtete, hatte er zur Selbsthilfe gegriffen. Er klingelte bei dem vermeintlichen Verursacher und bespritzte ihn mit der Säure. „Ich hatte doch keine andere Möglichkeit“, hatte er kurz nach der Tat einem Polizisten anvertraut.

Vor Gericht hatte der 74-Jährige bis zuletzt beteuert, der Nachbar habe zuerst zugeschlagen und er habe sich mit der Säure, die er zufällig in der Hand gehabt habe, nur gewehrt. Die Strafkammer sah diese Darstellung am Ende als widerlegt an.

Beweise dafür, dass der Beschuldigte einen Tötungsvorsatz gehabt habe - wie zunächst angeklagt - sahen die Richter nicht. Als verwirklichten Straftatbestand gingen sie von einer gefährlichen Körperverletzung aus. Für die der Beschuldigte allerdings aufgrund einer hirnorganisch bedingten Persönlichkeitsänderung nicht zur Rechenschaft zu ziehen war.

Beginnende Demenz und Hirnschwund

Ein Gutachter hatte festgestellt, dass der 74-Jährige unter einer beginnenden Demenz und Hirnschwund leidet. Ohne eine sachgerechte Therapie und Betreuung rund um die Uhr bestehe die Gefahr weiterer Straftaten, so der Experte.

Der Strafkammer blieb daraufhin nichts anderes übrig, als den Rentner zum Schutz der Allgemeinheit in einem geschlossenen Krankenhaus unterzubringen. „Wir hoffen aber, dass das keine Reise ohne Wiederkehr ist“, so der Vorsitzende. Eventuell könne der Beschuldigte nach einer Phase medikamenteller Erprobung in ein betreutes Wohnen überstellt werden oder sogar nach Hause zurückkehren.