Oberhausen. Eigentlich warteten Kenan K., Sven C., Dennis D. und Ugur A. nur auf die Abfahrt ihres Zuges nach Bottrop. Dann stürmten auf einmal mehrere Männer in die Bahn und gingen auf die Gruppe los. Jetzt wurde der kaltblütige Angriff vor dem Amtsgericht Oberhausen verhandelt.

Die Geschichte, die im Saal 126 des Amtsgerichts Oberhausen präsentiert wird, ist nichts für ängstliche Menschen. Sie spielt am Morgen des 22. Mai 2011, einem Sonntag, im Hauptbahnhof. Kenan K., Sven C., Dennis D. und Ugur A. sitzen im RB 44 und warten auf die Abfahrt. Die vier jungen Erwachsenen, alle Anfang 20, wollen nach Hause, nach Bottrop. Sie sind müde und immer noch leicht angetrunken von einer Disconacht im Zentrum Altenberg.

Bewaffneter Angriff

Dann betritt plötzlich eine Gruppe von jungen Männern die Bahn, einer begrüßt die vier Bottroper noch mit den Worten „Moin Jungs!“. Dann zückt er einen Teleskopstab, vielleicht auch eine Stahlrute, so genau lässt sich das heute nicht mehr sagen, und schlägt Ugur A. mit voller Wucht ins Gesicht.

Was dann genau passierte, daran kann Ugur A. sich nicht mehr erinnern. Er verliert in einem Gewirr von Schlägen die Übersicht, versucht, sich zu schützen. Die Folgen des Angriffs aber stehen in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft: Mittelhandbruch, Bruch des kleinen Fingers, Platzwunden am Kopf. Auch Kenan K. wird schwer verletzt. Er erleidet eine Platzwunde, außerdem einen Riss des Kreuzbands sowie des Meniskus. Auch Sven C. und Dennis D. kassieren Schläge, jedoch bei weitem nicht so heftige, wie ihre Freunde. Das alles dauert nur ein bis zwei Minuten. Dann verschwinden die Angreifer, noch bevor der rettende Sicherheitsdienst eintrifft.

Doch wer waren die Täter? Für die beiden Hauptgeschädigten, Ugur A. und Kenan K., die im Prozess als Nebenkläger auftreten, ist klar, dass Ridvan Z. an dem Angriff beteiligt war. Er und seine Freunde hatten sich am selben Abend bereits im Zentrum Altenberg mit der Gruppe um Ugur A. und Kenan K. gestritten. Im Zuge des Streits hatte jemand aus der Gruppe um Ridvan Z. einem Freund der beiden späteren Opfer das Nasenbein gebrochen. War es also Rache? Vielleicht, weil die Polizei eingeschaltet wurde?

Angeklagter bestreitet Beteiligung

Ridvan Z. jedenfalls bestreitet, überhaupt an dem Angriff beteiligt gewesen zu sein. Demnach waren er und seine Freunde auf dem Nachhauseweg und nahmen nur eine Abkürzung durch den Bahnhof, als sie von einer, ihnen unbekannten, Gruppe Jugendlicher angesprochen wurden. Diese hätten sie aufgefordert „mal mitzukommen“. Das Ziel: Ausgerechnet der Zug, in dem Ugur A. und Kenan K. auf die Abfahrt nach Bottrop warteten. Ridvan Z. gibt an, mit seinen Freunden direkt abgehauen zu sein, als er gemerkt habe, dass die anderen Jugendlichen es auf eine Schlägerei abgesehen hatten.

Die Freunde von Ridvan Z. bestätigen dessen Version, auch wenn keiner erklären kann, warum sie einer wildfremden Gruppe von Leuten gefolgt waren. Einen Beweis dafür, dass es diese Gruppe jemals gab, fehlt. Sie sind wie vom Erdboden verschluckt. Die beiden Opfer und deren Freunde hingegen sind sich sicher: Sie haben gesehen, wie Ridvan Z. zugeschlagen hat.

Überwachungskameras kaputt

Unabhängige Zeugen gibt es nicht, die Überwachungskameras der Regionalbahn waren kaputt. Weitere Aufklärung könnte am Freitag, dem letzten Verhandlungstag, höchstens ein neuer geladener Zeuge, ein mutmaßlicher Mittäter, bringen. Vielleicht lässt sich dann klären, ob es die Gruppe unbekannter Jugendlicher wirklich gibt.