Oberhausen. . Politik sieht bei den Strompreisen den Bund in der Pflicht. Awo-Chef: Über EVO-Sozialtarif nachdenken

Anfang Oktober der Anstieg der Gaspreise um 13,5 Prozent und nun ab Januar auch noch die Verteuerung der Strompreise um über zehn Prozent. „Für die finanziell nicht so gut gestellten Menschen in unserer Stadt ist das auf jeden Fall ein Hammer“, meint der Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt (Awo), Jochen Kamps. Besonders betroffen seien all diejenigen, die keinen Anspruch auf staatliche Transferleistungen haben, weil ihre Rente oder ihr Einkommen knapp oberhalb des Existenzminimums liegt.

Daher hofft Kamps, dass man bei der Energieversorgung Oberhausen (EVO), die immerhin 90 Prozent der hiesigen Haushalte mit Strom versorgt, über die Einführung eines Sozialtarifs wenigstens mal nachdenkt – auch wenn der Geschäftsführer der EVO, Hartmut Gieske, dies für falsch hält. „Man müsste erheben, wie viele Kunden auf so einen Tarif Anspruch hätten und welche Konsequenzen das für die EVO bedeuten würde“, schlägt der Awo-Geschäftsführer vor.

Erneuerbare Energien bezahlen sich nicht selbst

Das Thema Preiserhöhung wird in der Sitzung des EVO-Aufsichtsrats am kommenden Freitag, 23. November, sicherlich behandelt, doch auf eine Absenkung dürfen die Kunden nicht hoffen. „Der Aufsichtsrat legt nicht die Preise fest. Das ist die klassische Aufgabe eines Vorstands“, sagt Aufsichtsratsmitglied Daniel Schranz (CDU) und stimmt hier mit seinem Kollegen Dirk Vöpel (SPD) überein. Zudem dürfte es „schwierig werden, der RWE AG, die zu 50 Prozent an der EVO beteiligt ist, zu erklären, dass man auf Gewinne verzichten will“, ergänzt Vöpel.

Für FDP-Ratsfrau Regina Boos liegt die Schuld auch nicht bei den Stromlieferanten, sondern beim Bund. „Die Umstellung der Stromversorgung auf erneuerbare Energien ist sicherlich nicht zum Nulltarif zu bekommen“, man müsste allerdings beim Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nachbessern. An den Bund verweist auch Schranz, wenn es darum gehe, die Strompreiserhöhung für arme Kunden abzufedern. Statt Sozialtarife einzuführen, sollte über eine Erhöhung der Sätze beim Arbeitslosengeld II (Hartz IV) oder bei der Grundsicherung im Alter nachgedacht werden, meint der Christdemokrat.

Grüne kritisieren Befreiung einiger Unternehmen

Für die Grünen trägt eindeutig die CDU-FDP-Koalition in Berlin die Verantwortung: Union und Freie Demokraten hätten die Kriterien so verändert, dass die Anzahl der Unternehmen, die 2013 von der EEG-Umlage befreit werden, von 800 auf knapp 3000 steige. „Dies summiert sich auf acht Milliarden Euro und bläht die Stromkosten der privaten Haushalte unnötig auf“, erklärt der Vorstandssprecher der Oberhausener Grünen, Andreas Blanke. Es sei überhaupt nicht nachvollziehbar, warum die Verbraucher für McDonald’s, die Allianz oder den Discounter Aldi die Kosten übernehmen sollen. Aus Sicht der Grünen muss die Befreiung der Unternehmen bei den Netzentgelten also schleunigst wieder rückgängig gemacht werden. „Ich möchte nicht, dass man eines Tages bei einer Jubilarehrung in eine Wohnung kommt und eine alte Dame sitzt in Decken gehüllt da, weil sie ihre Wohnung nicht richtig heizen kann“, sagt ein SPD-Mitglied.

Die anstehende Strompreiserhöhung trifft aber nicht nur private Haushalte und viele Unternehmen, sondern auch Hilfseinrichtungen wie etwa das Friedensdorf International. „Wir haben zwar mit der EVO einen Festpreis vereinbart, aber die EEG-Umlage trifft uns natürlich auch“, sagt Pressesprecherin Heike Bruckmann. Steigende Strom- und Spritpreise bei zurückgehenden Spenden, „das macht es uns doppelt schwer“.

Ob Berlin die Hilferufe aus den Kommunen hört?