Oberhausen. .

Ihre rechte Körperhälfte ist teilweise gelähmt, ihre rechte Hand kann Ingrid van der Have kaum noch benutzen. Das Autofahren musste sie aufgeben. Am 16. März änderte sich ihr Leben drastisch. Innerhalb kürzester Zeit erlitt die 77-Jährige drei Schlaganfälle. Die DAK lehnte ihren Antrag auf Pflegeleistungen nun zum zweiten Mal ab.

Bei der Körperpflege und im Haushalt unterstützt sie ihre Tochter Sabine Mentzel. Keine Dauerlösung, denn die 54-Jährige ist berufstätig und hat einen Sohn. Aber Ingrid van der Have kommt nicht auf die geforderten 45 Minuten Pflegebedarf pro Tag, um in die Pflegestufe I aufgenommen zu werden.

1700 Anträge in Oberhausen

Ingrid van der Have weiß, dass sie mit diesem Problem nicht alleine steht. Barbara Marnach, Sprecherin des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen Nordrhein (MDK), berichtet von 1700 Oberhausenern, die 2011 einen Antrag auf ambulante Pflege stellten. „Davon sind 30 Prozent entweder gar nicht pflegebedürftig oder pflegebedürftig unterhalb der Pflegestufe I.“ Pflegeleistungen, finanziert von der Krankenkasse, stehen ihnen demnach nicht zu. Die Anträge wurden abgelehnt.

Nach ihrer ersten Absage versuchte es die 77-Jährige gleich noch einmal und legte Widerspruch gegen die Beurteilung der Gutachterin des MDK ein. Van der Haves Pflegekasse, die DAK, schickte erneut einen Gutachter vom Medizinischen Dienst zu der Rentnerin. Aber auch dieser kam zum selben Ergebnis. Die Ablehnung kann sie nicht verstehen. „Ich fühle mich ungerecht behandelt“, sagt die Seniorin.

Dem Medizinischen Dienst sind die Hände gebunden

„Bei Frau van der Have kommt nicht genug Zeit zusammen. Da sind uns und dem Medizinischen Dienst leider die Hände gebunden. Der Katalog, der die Minuten für einzelne Pflegeleistungen vorschreibt, ist feststehend“, erklärt DAK-Sprecher Rainer Lange. So werden zum Beispiel für die Zahnpflege fünf Minuten berechnet, das Füttern der Pflegebedürftigen beanspruche 15 bis 20 Minuten.

Schlaganfall

Sind Blutbahnen beispielsweise durch Arterienverkalkung oder infolge einer Embolie verengt, droht eine Sauerstoffunterversorgung im Gehirn und damit ein Schlaganfall.
Sind Blutbahnen beispielsweise durch Arterienverkalkung oder infolge einer Embolie verengt, droht eine Sauerstoffunterversorgung im Gehirn und damit ein Schlaganfall. © Knut Vahlensieck
Wer sich sehr gesund und ausgewogen ernährt und außerdem viel Sport treibt, kann das Schlaganfallrisiko verringern. (Bild: Imago)
Wer sich sehr gesund und ausgewogen ernährt und außerdem viel Sport treibt, kann das Schlaganfallrisiko verringern. (Bild: Imago) © imago stock&people
Rauchen, Stress...(Bild: Imago)
Rauchen, Stress...(Bild: Imago) © imago stock&people
... und Alkohol erhöhen dagegen das Schlaganfallrisiko. (Bild: Imago)
... und Alkohol erhöhen dagegen das Schlaganfallrisiko. (Bild: Imago) © imago stock&people
Diabetiker, Menschen mit Herzrhythmus- und Fettstoffwechselstörungen gehören zur Risikogruppe und sollten sich daher regelmäßig vom Arzt untersuchen lassen. (Bild: Imago)
Diabetiker, Menschen mit Herzrhythmus- und Fettstoffwechselstörungen gehören zur Risikogruppe und sollten sich daher regelmäßig vom Arzt untersuchen lassen. (Bild: Imago) © ddp
Die Symptome für einen Schlaganfall hängen davon ab, welcher Teil des Hirns angegriffen ist. (Bild: Imago)
Die Symptome für einen Schlaganfall hängen davon ab, welcher Teil des Hirns angegriffen ist. (Bild: Imago) © imago stock&people
Erste Zeichen können Depression, Sprach- und Bewusstseinsstörungen... (Bild: Imago)
Erste Zeichen können Depression, Sprach- und Bewusstseinsstörungen... (Bild: Imago) © imago stock&people
...Schwindel und Verwirrtheit... (Bild: Imago)
...Schwindel und Verwirrtheit... (Bild: Imago)
... Kopfschmerzen und einseitige Sehstörungen sein.(Bild: Imago)
... Kopfschmerzen und einseitige Sehstörungen sein.(Bild: Imago) © imago stock&people
Der Schlaganfall ist ein Notfall, bei dem man schnellstmöglich den Notarzt rufen sollte. Denn jede Sekunde zählt. (Bild: Imago)
Der Schlaganfall ist ein Notfall, bei dem man schnellstmöglich den Notarzt rufen sollte. Denn jede Sekunde zählt. (Bild: Imago) © imago stock&people
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Sabine Mentzel sollte ein Pflegetagebuch führen; aufschreiben, wie lange sie für die Pflege ihrer Mutter benötigt. „Mir wurde dann gesagt, dass ich das nicht richtig gemacht habe. Zum Beispiel seien 30 Minuten fürs Duschen, Abtrocknen, Anziehen zu lange.“ Für die Unterstützung beim Waschen unter der Dusche trägt die Gutachterin 13 Minuten ein. „Das klappte sogar nicht, als noch alles in Ordnung war“, empört sich die Rentnerin.

Ingrid van der Have hofft, dass es ihr bald besser geht, aber für die Überbrückung brauche sie dringend Hilfe. „Ich möchte ja nichts, was mir nicht zusteht.“ Die DAK legte ihr nahe, sich wieder zu melden, sobald sich ihr Zustand verschlechtert.