Oberhausen. . Mehr als 200 sogenannte Notinseln gibt es derzeit in Oberhausen. Notinseln sind etwa Geschäfte, die mit einem farbigen Logo an der Eingangstür oder im Schaufenster Kindern „sagen“: „Fühlst du dich bedroht, gibt es hier jemanden, der dir hilft.“ Träger der Notinseln, die von der Karlsruher Stiftung „Hänsel+Gretel“ ins Leben gerufen wurden, ist in Oberhausen seit August 2008 die Caritas. Sabine Köther, beim Caritasverband u.a. zuständig für die Notinseln, weiß um die Kritik an dem Projekt, die immer mal wieder laut wird.

Ein Punkt ist: Die „Hänsel+Gretel-Stiftung“ böte die Notinseln im Franchise-Verfahren an. Eine Erstausstattung koste 5300 Euro plus einer Franchisegebühr von 750 Euro. „Was wir kaufen, sind die Werbematerialien, etwa die Logos und Handzettel“, sagt Köther. Die Gelder für die Aufkleber seien durch Sponsoren wieder hereingekommen, weitere Kosten nicht entstanden. Die Notinsel-Geschäfte müssten nichts zahlen.

Einen anderen Kritikpunkt nennt Kerstin Skrzypczak vom Kommissariat Prävention / Opferschutz der Polizei: „Kinder in Not suchen nicht nach einem Aufkleber an einem Geschäft.“ Skrzypczak, selbst Mutter, hat ihren Kindern lieber allgemein den Hinweis gegeben: „Wendet euch an einen Erwachsenen.“ Sie wollte Hilfe nicht an einem Punkt festmachen. Die Kommissarin und ihre Kollegin Yvonne Thiel sind der Meinung, Kinder müssten auf Notsituationen vorbereitet werden. Klare Verhaltensregeln seien wichtig. „Man sollte mit seinem Kind Wege abgehen und ihm zeigen, wo es Hilfe erhalten könnte, aber auch, welche Ecken es besser meiden sollte“, sagt Skrzypczak. Yvonne Thiel hält es zudem für wichtig mit dem Kind Vereinbarungen einzugehen: „Es sollte zum Beispiel genau festgelegt werden, zu wem es ins Auto steigen darf.“

"Die Aktion trägt dazu bei, die Bevölkerung wach zu rütteln"

Einen positiven Aspekt kann Skrzypczak den Notinseln allerdings doch abgewinnen: „Die Aktion trägt dazu bei, die Bevölkerung wach zu rütteln.“ Denn als Hintergrund für die Notinseln geben Vertreter der Stiftung die „wachsende Gewalt innerhalb der Gesellschaft gerade gegenüber Kindern und Jugendlichen“ an.

Für Michael May vom Oberhausener Kinderschutzbund hat diese Gewalt ein anderes Gesicht, als das eines Täters, der einem Kind auf der Straße auflauert. „Gewalt gegen Kinder ist häufig innerfamiliär, bei der keine Notinseln helfen könnten“, sagt May. Die Frage sei, ob man Geld und Energie nicht besser in Projekte gegen diese innerfamiliäre Gewalt stecken sollte. Der Kinderschutzbund überlege außerdem, „wie kriegt man den Fuß in die Tür bei Gewalt unter Kindern“. Allerdings, Notinseln könnte er sich als einen Aspekt eines Sozialraumkonzeptes vorstellen.

Für Menschen da sein

Als solches wurden die Notinseln zunächst in Osterfeld ins Leben gerufen. Sabine Köther stellt dar, was die Aktion für den Caritasverband bedeutet: „Wir sind als Verband für Menschen in schwierigen Situationen da.“ Die Notinseln seien nur ein Punkt eines Gesamtprojektes. „Mit den vielen Aufklebern wollen wir ein Stück weit auch Front machen gegen Täter“, verdeutlicht Köther. Natürlich hätten auch sie immer betont, dass jeder Erwachsene Kindern in Not helfen sollte. Köther: „Aber es gibt sicherlich Situationen, in denen gerade kein Erwachsener in der Nähe ist oder Kinder sich nicht trauen, einen anzusprechen. Da hoffen wir, dass die Aufkleber die Hemmschwelle für Kinder senken.“

Populär macht die Caritas die Aufkleber übrigens mit Handzetteln, die an Erstklässler an Grundschulen verteilt werden. Es gibt auch Schulungen für Mitarbeiter von Geschäften, wie sie mit Kindern in Not umgehen.