Oberhausen. . Mitte August hat die Babcock-Gießerei Insolvenzantrag gestellt. Beim Schichtwechsel vor Ort. Die Stimmung in der 100-köpfigen Belegschaft reicht von Hoffen bis Bangen.

Donnerstagmittag, kurz nach 13 Uhr. Eine Gruppe von Mitarbeitern der Babcock-Gießerei kommt auf das Werksgelände an der Duisburger Straße. Man ist auf dem Weg zur Stempeluhr. Um 13.30 Uhr beginnt die Mittagsschicht. Der erste Versuch einer Kontaktaufnahme scheitert kläglich Wie denn so die Stimmung unter den Kollegen ist? „Kein Kommentar“, raunt einer der Männer und geht dann zielstrebig mit den anderen in die große Gießereihalle. Die Verschwiegenheit ist verständlich. Mitte August musste das Traditionsunternehmen Insolvenzantrag stellen, die Zukunft ist noch ungewiss.

Die Löhne für Juli sind zwar überwiesen und – davon sind sowohl der Betriebsratsvorsitzende Andreas Hahn als auch Tristan Preusse, Assistent der Geschäftsführung, fest überzeugt – das Geld für die kommenden zwei Monatsgehälter ist auch vorhanden. Doch wie wird es ab November weitergehen? Das ist die große Frage, an deren Beantwortung die Geschäftsführung und der vorläufige Insolvenzverwalter Sebastian Henneke arbeiten.

Löhne wurden überwiesen

Währenddessen läuft der Zweischicht-Betrieb wie gewohnt weiter, werden alte Aufträge abgearbeitet, wird über neue verhandelt, mit interessierten Investoren und Käufern gesprochen. Aktivitäten, die Thomas Hinz (42), der seit 26 Jahren im Betrieb ist, positiv stimmen. „Die Aufträge sind doch da. Der Lohn ist überwiesen. Wir arbeiten ordentlich weiter. Ich sehe das alles positiv.“

Für ihn ist das Glas eben nicht halb leer, sondern halb voll. Sich um eine Arbeit bei einem anderen Unternehmen zu bemühen, darüber denkt er noch nicht nach. Es wäre auch nicht leicht, etwas Adäquates in der näheren Umgebung zu finden. Freie Gießerei-Jobs gibt’s, wenn überhaupt, eher in Süddeutschland.

Ungewisse Zukunft

Ähnlich gestimmt ist auch sein Kollege Christian Peters (42). Seit fünf Jahren arbeitet er als Transporteur in der Modellschreinerei. Als Familienvater mit zwei Kindern spielt die Auszahlung des Lohns für ihn natürlich eine große Rolle. „Über Hartz IV mach ich mir noch keine Gedanken.“

Es gibt aber auch andere Stimmen und Stimmungen. Daniel Roth, seit sechseinhalb Jahren dabei: „Hartz IV? Natürlich beschäftigt man sich damit. Die Atmosphäre ist gereizt.“ Die Ungewissheit, wie die Zukunft aussieht, mache natürlich ihm und anderen zu schaffen.

In spätestens zwei Wochen sehen er und seine 102 Kollegen hoffentlich etwas klarer. „In der 38. Kalenderwoche wird der vorläufige Insolvenzverwalter der Belegschaft wohl sagen können, wohin es geht, wie die Zukunft aussieht“, meint der Betriebsratsvorsitzende Hahn.

Umfangreiche Planungen

Daran ist auch der Geschäftsführung gelegen. „Wir haben einen großen Kundenkreis, darunter einige Marktführer wie Siemens oder MAN. Unsere Produkte sind für die von großer Bedeutung“, sagt Tristan Preusse. Das macht die Babcock-Gießerei sowohl für Investoren als auch für Käufer interessant. Die Gläubiger sind auch noch mit im Boot. Die erste Unruhe bei ihnen und den Arbeitnehmern erst mal raus. Auf der anderen Seite ist das Anlagevermögen des Unternehmens alt.

Die Zukunftsplanungen laufen denn auch in alle Richtungen. Was ist, wenn die Aufträge abgearbeitet sind? Kann man die Kunden halten? Findet man Investoren, die für ein langfristiges Engagement stehen? Gerade beim letzten Punkt hat Preusse schon erste positive Anzeichen wahrgenommen. „Wir sind durchaus positiv gestimmt.“ Mehr kann er noch nicht sagen.

1907 wurde die Gießerei gegründet. „Das 100. Betriebsjahr haben wir noch richtig toll gefeiert. Das 110. wollen wir auch noch feiern“, sagt der Betriebsratsvorsitzende. Die Kollegen arbeiten daran.