Oberhausen. Das Asylbewerber-Heim an der Gabelstraße wird zum 31. Dezember geschlossen. Die Bürgerinitiative Bunter Oberhausener Norden betreut die Bewohner. Wir zeigen Erinnerungen.
Die Sonne brennt auf die Wellblechhütten, das Gras ist verdorrt, viele Rollläden sind geschlossen. Im Übergangswohnheim an der Schmachtendorfer Gabelstraße stehen einige Wohncontainer leer. Vorboten des Endes dieser Siedlung, in der fast 20 Jahre lang Asylbewerber lebten.
Bis zum Jahresende werden die letzten verbliebenen 50 Menschen neue Unterkünfte in den Heimen an der Bahn- und Weierstraße oder in privaten Wohnungen finden. Die Schließung ist Teil der Haushaltskonsolidierung. Die Stadt spart damit jährliche Miet- und Mietnebenkosten von rund 300.000 Euro.
Platz für 240 Personen
Mit dem Ende dieser Siedlung endet auch eine Ära für die Mitglieder der Bürgerinitiative Bunter Oberhausener Norden (B.O.N.), die sich um die Flüchtlinge kümmert. Mitglied Sigrid Culemann erinnert sich an die schwierigen Anfänge anno 1994: „Die Siedlung war für fünf Jahre geplant.
Aber kaum etwas ist so dauerhaft wie ein Provisorium.“ Die Container boten Platz für 240 Personen. „Zuerst sollten nur allein stehende Männer unterschiedlicher Nationen und Kulturkreise einziehen“, sagt Culemann und erinnert an die heftigen Proteste der Schmachtendorfer. Sie hat Verständnis dafür, findet die Entscheidung der Stadt, letztlich auch Familien einzuquartieren, richtig.
Bis zu vier Fremde teilten sich ein Quartier
Eine Familie – ein Container. Etwa 20 Quadratmeter. Culemann: „Für einen Schäferhund sind fünf Quadratmeter vorgesehen.“ Ein Schlafraum mit Etagenbetten, ein Raum für Küchenzeile und Sofa, ein Bad mit Dusche, Toilette und Waschbecken. „Das war damals Luxus, so etwas gab es in keinem anderen Übergangswohnheim,“ sagt Culemann.
Für Familien sei das gegangen, doch auch bis zu vier Fremde teilten sich einen Container. „Die Stadt hat anfangs die Menschen nach dem flüchtigen Eindruck, wer wohl zusammenpassen könnte, einquartiert.“ So hockten Menschen, die sich nicht mal verständigen konnten, auf engstem Raum zusammen.
Cola war ein Luxusgut
Doch das war nicht das einzig Problematische, sagt Culemann: „Damals erhielten die Bewohner Lebensmittelgutscheine und durften keine Luxusgüter dafür eintauschen. Cola war so ein Luxusgut.“ Inzwischen erledigen die Asylbewerber ihren Einkauf selbst, leben von bis zu 334 Euro im Monat.
An der Gabelstraße wohnen heute vorwiegend Serben, einige Wenige aus Bosnien-Herzegowina, Russland, Georgien und ein Iraner. Nicht alle werden in Deutschland bleiben können. Sigrid Culemann erinnert sich an frühere Abschiebungen: „Wir haben oft mit den Menschen gefrühstückt, während sie auf die Polizei warteten, um abgeschoben zu werden.
"Abschiebungen sind heute deutlich humaner"
Erwachsene und Kinder waren völlig verstört.“ Damals seien Abschiebungen oft in Nacht- und Nebelaktionen durchgeführt worden: „Das ist heute humaner.“ Dennoch: Zurück in ihrer Heimat ist das Leben für die Menschen schwierig: „Wir erfahren über Flüchtlingsorganisationen, dass es ihnen schlecht geht.“
B.O.N. wird sich weiter kümmern
Seit Bestehen der Übergangswohnheime im Norden kümmert sich B.O.N. um die Bewohner. Manches habe sich verbessert. Während Asylbewerber früher weder arbeiten noch die Schule besuchen durften, ist das heute möglich. Culemann: „Man muss sich aber immer vor Augen halten, dass über den Menschen oft jahrelang das Damoklesschwert der Abschiebung schwebt.“ Die B.O.N.-Mitglieder werden weiterhin für Asylbewerber da sein.
In Oberhausen lebten im Jahr 1994 laut Zeitungsberichten 2200 Asylbewerber in Heimen und 208 in Wohnungen. Heute sind es insgesamt nur noch knapp 330.
Mit den Bewohnern an der Gabelstraße standen die Mitglieder des Bunten Oberhausener Nordens (B.O.N.) einen Brandanschlag auf den Container einer Roma-Familie durch, sie starteten daraufhin Proteste gegen rechtsextreme Gewalt.
Auch an Schönes erinnert B.O.N.-Mitglied Sigrid Culemann: „Der Sohn einer armenischen Familie konnte dank unserer Spendenaktion, bei der mehr als 20.000 DM zusammenkamen, erfolgreich operiert werden.“
Aktionen von B.O.N. und Regionaler Arbeitsstelle Zuwanderung (RAA) für den Schulbesuch für Asylbewerberkinder trugen Früchte: „Diese Generation hat vielleicht bessere Chancen auf eine gute Zukunft bei uns.“