Oberhausen. . Seit Jahren lebt Fidan Shikhiyeva in Oberhausen. Aus ihrer Heimat Aserbaidschan floh sie, weil die Familie sie zwangsverheiraten wollte. Nun soll sie abgeschoben werden - mit ihren in Deutschland geborenen Söhnen. Die 39-Jährige unternahm einen Selbstmordversuch. Nun prüft die Härtefallkommission.

Fidan Shikhiyeva ist Ärztin. Anderen Menschen zu helfen, ist ihre Berufung. Doch jetzt versuchte die 39-Jährige, sich selbst das Leben zu nehmen. Die Duldung der Aserbaidschanerin ist abgelaufen, sie sollte mit ihren fünf und sieben Jahre alten Söhnen abgeschoben werden.

Weil ihre Familie in Aserbaidschan sie zwangsverheiraten wollte, flüchtete die junge Frau nach Deutschland. Seit 2003 lebt sie in Oberhausen. Im Asylbewerberheim lernte sie den späteren Vater ihrer Kinder kennen, der ebenfalls aus Aserbaidschan stammt. Doch die große Liebe wurde zum Alptraum, als ihr Lebensgefährte zu trinken begann.

„Er hat sie geschlagen und sogar mit dem Messer bedroht, als sie sagte, sie würde sich von ihm trennen“, erzählt Taras Miller, ein Freund der Familie, der Fidan Shikhiyeva und ihre beiden Kinder spontan bei sich aufnahm, als sie in ihrer Not Schutz suchte.

Kinder sprechen kaum Aserbaidschanisch

„Beide Söhne wurden in Oberhausen geboren. Der Kleine besucht eine katholische Kindertagesstätte in Holten, der Ältere die Kastellschule“, erzählt Taras Miller. Beide Jungs seien begeisterte und talentierte Fußballer und trainierten bei den Sportfreunden Hamborn 07 in Duisburg. „Das sind kluge Kinder, sie sind hier voll integriert und sprechen kaum Aserbaidschanisch“, sagt Miller. Fidan Shikhiyeva, die inzwischen gut Deutsch sprach, half vielen Landsleuten bei Behördengängen als ehrenamtliche Dolmetscherin.

Dann der Schock: „Fidan war gerade bei ihrer Ärztin, als ein Mitarbeiter des städtischen Bereiches für Ausländerangelegenheiten anrief und ihr mitteilte, ihre Duldung würde nicht verlängert, sie würde jetzt mit ihren Kindern abgeschoben.“

Die 39-Jährige sei so verzweifelt gewesen, dass sie sich im Affekt aus dem Fenster stürzen wollte. „Zum Glück konnte die Ärztin das verhindern, sie ließ sie sofort ins Krankenhaus einliefern.“ Sechs Wochen wurde Fidan Shikhiyeva dort behandelt.

Antrag bei der Härtefallkommission eingereicht

Taras Miller kämpft für seine Freundin: Fidan Shikhiyeva wollte sich wegen der drohenden Abschiebung nach Aserbaidschan das Leben nehmen. Foto: Tom Thöne
Taras Miller kämpft für seine Freundin: Fidan Shikhiyeva wollte sich wegen der drohenden Abschiebung nach Aserbaidschan das Leben nehmen. Foto: Tom Thöne © WAZ FotoPool

Nach ihrer Entlassung sollte sie sich beim Sozialpsychiatrischen Dienst der Stadt untersuchen lassen. Ihre Duldung sei nur bis wenige Tage nach dem Untersuchungstag verlängert worden. „Sie hatte so große Angst, dass sie sich erneut umbringen wollte“, erzählt Taras Miller und ergänzt: „Stellen Sie sich mal vor, was es für eine Frau, die aus diesem traditionell islamischen Kulturkreis stammt, bedeutet, dass sie ohne verheiratet zu sein, mit einem Mann zusammenlebte, zwei Kinder hat, sich dann trennt und auch noch in die Wohnung eines anderen Mannes flüchtet, der noch dazu Christ ist - sie hat damit gegen alle Regeln verstoßen und fürchtet in ihrer Heimat um ihr Leben!“

Taras Miller ließ die Freundin sofort wieder ins Krankenhaus einliefern, wo sie bis heute wegen starker Depressionen behandelt wird. Fidan Shikhiyevas Anwältin reichte inzwischen einen Antrag bei der Härtefallkommission des Landes NRW ein, um eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zu erreichen.

Und Horst Ohletz, Bereichsleiter Ausländerangelegenheiten, versichert immerhin: „Aus dem Krankenhaus heraus schieben wir niemanden ab.“ Bei Krankheit werde die Reisefähigkeit stets durch einen Amtsarzt überprüft. „Bei psychischen Erkrankungen ist die zuständige Stelle nun einmal der Sozialpsychiatrische Dienst.“ Dort würden selbstverständlich die Berichte der behandelnden Ärzte berücksichtigt. Außerdem: „Ein laufendes Verfahren wie das vor der Härtefallkommission warten wir natürlich erst mal ab.“