Oberhausen. Auch wenn Alexander Waldhelm schon mit elf Jahren weggezogen ist, gerade die Erinnerungen an seine Grundschulzeit verbinden ihn mit seiner Geburtsstadt

Der 37-jährige Alexander Waldhelm musste seine Geburtsstadt schon früh verlassen, es ging für ihn und seine Familie nach Mülheim. Dennoch ist Oberhausen für ihn immer Heimat geblieben. Wir trafen ihn in seiner ehemaligen Grundschule, der Schwarze-Heide-Schule in Sterkrade.

„Nach zehn Jahren zwangen mich meine Eltern, meinem Geburtsort den Rücken zu kehren. Es ging glücklicherweise nur in eine der Nachbarstädte – nach Mülheim an der Ruhr. Dennoch erinnere ich mich daran – heute mit einem Schmunzeln – dass ich trotz meiner jungen Jahre volle drei Tage kein Wort mit meinen Eltern sprach, aus Trauer über das Verlassen der Heimat, die nun unendlich weit weg zu sein schien.“

Dieser Groll ist längst überwunden. Und so kann Alexander Waldhelm heute unbeschwert über den Hof und durch die Räume der Schwarze-Heide-Schule wandern. „Der Geruch ist immer noch derselbe wie vor 31 Jahren.“ Kaum hat der Exil-Oberhausener einen Fuß in den Eingangsbereich der Schule gesetzt, da überkommen ihn schon die Erinnerungen. „Ich muss da sofort an die Bibliothek denken, die damals direkt unter dem Dach war. Dort habe ich mir immer die Bücher von Astrid Lindgren und Enid Blyton ausgeliehen.“

Sprint zum Lehrerzimmer

Doch diese Episode ist nicht die einzige, die dem 37-jährigen Exil-Oberhausener sofort in den Kopf schießt. „Seit meiner frühesten Kindheit bin ich großer Fan der Olympischen Spiele“, so Waldhelm. „Von den Spielen 1984 in Los Angeles weiß ich noch genau, wie ich immer extra früh aufgestanden bin, um vor der Schule noch zwei Stunden Olympia zu gucken.“

Dann aber standen lange, sehr lange Unterrichtsstunden an. „In der Großen Pause bin ich immer sofort aus dem Klassenraum hin zum Lehrerzimmer gerannt, da dort der einzige Fernseher stand. Ich wusste, dass ich da als Schüler nicht rein durfte, also habe ich mich ans Fenster gestellt und reingeschaut.“

Ein etwas skurriler Aspekt fällt Alexander Waldhelm ein, wenn er vor dem Hintergrund von Bergbau- und Industrievergangenheit an Sterkrade denkt. „Nicht wenige Mitschüler wohnten damals ganz selbstverständlich in einem der vielen Zechenhäuschen, an denen heute Doppeldeckerbusse mit fotografierenden Touristen vorbeifahren.“

Ein Ruhrgebietler

Auch wenn er heutzutage nicht mehr so oft in Oberhausen ist, verbindet Alexander Waldhelm mit dieser Stadt immer noch das Gefühl von Heimat. „Hier bin ich geboren und daran lässt sich auch nichts mehr ändern.“ Dieses Gefühl und was dahinter steckt, versucht er zu erklären. „Vielleicht liegt es daran, dass einen die ersten Lebensjahre stärker prägen, als alle folgenden. Wahrscheinlich ist aber, dass sowohl irrationale als auch nur äußerst schwer zu erklärende Gefühl der Heimatverbundenheit schuld sind, dass mich meine tiefe, emotionale Verwurzelung in Oberhausen nicht nur bis heute begleitet, sondern sich in den Folgejahren sogar auf das gesamte Ruhrgebiet ausdehnte.“

Denn sobald Alexander Waldhelm in Europa oder sonst wo auf der Welt unterwegs ist, ist er nicht mehr nur Oberhausener oder Mülheimer. Nein er ist ein Ruhrgebietler. „Bottrop im Blut, in Oberhausen geboren, seit einem Vierteljahrhundert Mülheimer, irgendwann Fan der Borussia aus Dortmund geworden und schließlich sogar an der Ruhr-Universität in Bochum studiert, an der ich im Fach Publizistik eine Prüfung zum Thema ‘Strukturwandel im Ruhrgebiet’ ablegte – mehr ‘Pott’ geht einfach nicht!“