Kultur- und Fußball-Mann Hajo Sommers über seine Heimatstadt und sein Grab in Hamburg

„Belächelt werden, Armut, keine Kultur, kein großer Sport.“ Wenn man Hajo Sommers, Präsident des Fußballklubs Rot-Weiß Oberhausen und Geschäftsführer des Kulturtempels Ebertbad, über Oberhausen reden hört, könnte man im ersten Augenblick meinen, das wäre der letzte Ort auf Erden, an dem man leben möchte. Doch dass es daneben auch viel Menschlichkeit gibt und Leute, die mit frischen Ideen anpacken, das betont er im NRZ-Gespräch ebenfalls.

„Immer wenn ich irgendwo in Deutschland unterwegs bin, höre ich über Oberhausen, das sei eine graue Maus, die sich nicht mal mehr bewegt.“ Auf sich und seiner Heimat lässt der Styrumer Hajo Sommers das aber nicht sitzen und reagiert direkt. Nämlich mit einer Aufzählung von Dingen, die es in dieser Stadt gibt „und von denen selbst die Oberhausener nicht so recht Bescheid wissen“. Dazu gehören für ihn Kulturstätten wie das Ebertbad, die Niebuhrg, die Kleinstädter Bühne in Sterkrade oder die Fabrik K14. „Wir haben hier eine wahrgenommene Kulturarmut, die nicht der Realität entspricht. Es gibt eine Masse an Kultur, die nur keine Sau nach außen verkauft.“

Dass man es mit unkonventionellen Ideen in Oberhausen schwer hat, ist für Hajo Sommers nicht von der Hand zu weisen. „Es werden einem schnell Knüppel zwischen die Beine geworfen und Ideen kleingeredet.“ Dennoch, wenn jemand den Schneid hat, sein Konzept durchzuziehen und seine Nische findet, ist so einiges möglich. Selbst in der Pleite-Stadt Oberhausen.

Ein Beispiel ist für ihn das Jugendzentrum Druckluft. „Wenn so eine Einrichtung 30 Jahre lang besteht, müssen die irgendetwas richtig gemacht haben. Dort ist man nicht stillgestanden, sondern es wurden kontinuierlich neue Ideen und Konzepte entwickelt.“

Image ist zu bieder

Das polnische Restaurant Gdanska am Altmarkt sieht Hajo Sommers. als weiteren Beweis dafür, was man alles mit etwas Originalität erreichen kann. „Wenn man als polnischer Einwanderer auf die Idee komme, in Oberhausen ein Restaurant zu eröffnen, müsse man verrückt sein, hieß es über Czeslaw Golebiewski. Es funktioniert aber“, so Sommers. Und einen Altmarkt ohne Gdanska und dessen besondere Ausstrahlung kann man sich heute kaum noch vorstellen.

Und auch ein drittes Beispiel kann Hajo Sommers heranziehen: das Helvete an der Friedrich-Karl-Straße. „Das ist die führende Heavy-Metal-Bude im Ruhrgebiet, wo die Leute von überall herkommen. Ich muss anerkennen, was da geschaffen wurde, auch wenn das überhaupt nicht meine Musik ist.“

Generell sei Oberhausen nicht so schlecht, wie es immer gemacht wird. „Unsere Stadt hat vielleicht auch ein zu biederes Image.“ Sommers, der seinem Verein das Bild eines Malocherclubs verpasst hat, weiß, wovon er spricht. „Die Kampagne ‘Arm aber sexy’, die in Berlin gefahren wurde, hat mir gefallen. So etwas in der Art müsste man auch hier machen können.“

Sieht man sich also auch selbst zu kritisch? „Wenn ich mir die Ruderer hier am Kanal oder die Volleyballspieler angucke, ist da eine Masse an Vereinen vorhanden, die nicht die große Aufmerksamkeit haben. Da hat es nie für ganz oben, die erste Liga, gereicht. Es wird aber trotzdem tolle Arbeit geleistet, weil alle an einem Strang ziehen.“

Sommers Fazit: „In so einem Dorf wie Oberhausen kannst du super leben. Du lernst schnell neue und interessante Leute kennen, Es gibt etwas Nettes, Freundliches und Menschliches hier.“

Ewig treu wird der RWO-Präsident seiner Heimat aber dann doch nicht bleiben. „Hamburg ist für mich die schönste Stadt Deutschlands. Zusammen mit meiner Verlobten habe ich mir dort schon ein Doppelgrab auf einem Friedhof ausgesucht“, grinst er. Dass Hajo Sommers aber erst nach seinem Tod hier weg will, spricht ja irgendwie auch wieder für Oberhausen.