Oberhausen. . Kinder noch für Chormusik zu begeistern, ist heute gar nicht mehr so einfach. Besonders in der Oberhausener Innenstadt ist es schwierig, junge Sänger und Sängerinnen zu begeistern.

Die Kinder hatten sich geradewegs in die Löwengrube gewagt. Ein wenig riskant war das Unterfangen wahrscheinlich für alle Beteiligten. Für die Kinder wie für evangelische und katholische Kirchenmusiker. Denn alle gemeinsam wollten an nur einem Tag das Musical „Daniel in der Löwengrube“ einstudieren und am Nachmittag bereits im Gemeindehaus an der Sterkrader Friedenskirche aufführen.

Ein erster Schritt

Die ungewöhnliche Aktion war noch Teil der „Musikalischen Stafette“ im Kirchenkreis Oberhausen. Und möglicherweise auch ein erster Schritt auf einem neuen Weg, Kinder für die Chormusik zu begeistern. Konrad Paul, Kantor der evangelischen Christuskirche, kann sich vorstellen, etwa auf eine wöchentliche Chorprobe zu verzichten und statt dessen gezielt zu Projektarbeiten einzuladen.

„Speziell in der Innenstadt ist es schwierig, Kinder für die Chorarbeit zu begeistern“, klagt Paul. Gerade in der City klaffe die Schere zwischen zwei Gruppen von Kindern weit auseinander. Das seien zum einen die Kinder, die aus finanziellen Gründen kaum etwas unternehmen könnten. Und zum anderen Jungen und Mädchen, die so viel in ihrer Freizeit machten, dass für Chorarbeit keine Zeit mehr bliebe.

Sprachprobleme

Ein weiteres Problem: „Bei Eltern mit Migrationshintergrund kommen oft Sprachprobleme hinzu“, sagt Paul. Sie hätten dann schon Schwierigkeiten, so einen Flyer zu verstehen, mit dem Kinder etwa zum Musical-Projekt angemeldet werden konnten. Paul: „Oder sie vergessen, ihre Kinder rechtzeitig zu wecken, wenn sie sonntags den Gottesdienst mitgestalten sollen.“

Sternsinger in Oberhausen

1/23

Verlässlichkeit und Kontinuität aber sind, so sagt Paul, Voraussetzungen für Chorarbeit. „Wir arbeiten zielorientiert, arbeiten auf Konzerte hin“, verdeutlicht der Kantor. Und so scheiterte auch der Versuch, eine Arbeitsgemeinschaft für kleine Sänger an der Adolf-Feld-Schule zu etablieren an mangelnder Kontinuität. Dabei wäre das eine Möglichkeit gewesen, Kinder, die durch die Ganztagsschule stark gebunden sind, für die Chorarbeit zu begeistern.

Singen fördert das Denkvermögen

Singen ist übrigens gut für die Entwicklung von Kindern. Paul: „Es fördert das sprachliche und das musische Vermögen sowie das Denkvermögen.“ Außerdem habe es eine große emotionale Komponente.

Kein Wunder also, dass Denise (12) bei den Proben zu „Daniel in der Löwengrube“ sagt: „Ich fühle mich frei und gelassen, wenn ich singe.“ Sie singe schon lange im Clemens-Chor. „Ich wollte das auch selber“, sagt die Zwölfjährige. Am liebsten singe sie das Hohelied, eine Sammlung von Liedern des Alten Testaments.

Das Ruhrgebiet singt

1/195

Spaß am Spiel

Philip (10) dagegen singt nicht in einem Chor, aber im Kindergarten und der Schule habe er viel gesungen. Beim Musical-Projekt wollte er dabei sein: „Weil ich dachte, dass mir die Musik und das Spiel Spaß machen“. So ähnlich ging es auch Damien (9). „Als in der Schule die Flyer zum Musical verteilt wurden, habe ich gedacht, da muss hin.“ Ihn interessierte das Thema. Und: „Ich mag singen“, sagt Damien. Er könnte sich durchaus vorstellen, mal in einem Chor mitzumachen.

Eine Entscheidung, Jana (8) für sich schon mit vier Jahren getroffen hat. „Sie singt im Chor von St. Marien und wollte das auch von sich aus“, erzählt Anja van Berk, Janas Mutter, während sie bei den Proben zusieht. Und sagt Anja van Berk noch mit Blick auf die Bühne: „Ich finde es toll, dass so viele Jungen dabei sind.“

Leider, so bedauert Paul, waren unter den Kindern, die sich für das Projekt begeisterten, wieder nur sehr wenige aus dem Gemeindebereich der Christuskirche.