Oberhausen. .

Es sprießt hier und blüht in den wildesten Farben: Auf einem kleinen Fleckchen der Innenstadt, an der Ecke, wo die Gerichtsstraße auf die Danziger trifft, ist der „Indische Sommer“ ausgebrochen. Und das Schönste dabei ist: Die Stadt zahlt für diese Pracht keinen Cent. 3000 Euro und eine Menge ehrenamtliche Arbeit hat der Naturschutzbund Oberhausen hier hineingesteckt und ein Staudenbeet verwirklicht. Die rund 100 Quadratmeter haben das Zeug dazu, ein Modell für einige städtische Grünflächen zu werden. Beinah jedoch wäre das Bürgerengagement am Betriebsrat der Oberhausener Gebäudemanagements GmbH (OGM) gescheitert, sagt Nabu-Mann Klaus Humpe, weil dieser möglichen Kürzungen im Mitarbeiterstab vorbeugen wollte.

Nur noch einmal im Jahr mit Dauergrün bepflanzen

Sparen am Grün scheint seine Schattenseiten zu haben. Dabei wollte die Stadt doch gerade diese Kostenstelle kräftig beschneiden: Eine halbe Million Euro weniger hat Kämmerer Apostolos Tsalastras in seinem Sparpaket allein dadurch eingeplant, dass solche städtischen Plätze von der OGM nicht mehr vier bis fünf Mal im Jahr mit Blumen bepflanzt werden sollen, sondern am besten nur einmal im Jahr – und zwar mit Dauergrün. OGM-Chef Hartmut Schmidt schmückte das Sparbouquet mit einer weiteren, allerdings in der Öffentlichkeit eher kontrovers wahrgenommenen Idee: „Rentner und Pensionäre können Patenschaften für Grünflächen und Bäume übernehmen und diese pflegen.“

Betriebsrat befürchtete Personalbeschnitt

Eigentlich müsste die Pflanz-Aktion der Naturschützer dem Kämmerer und der OGM heute gleichermaßen gut ins Konzept passen. Vor etwas mehr als einem Jahr soll das allerdings etwas anders ausgesehen haben, sagt Nabu-Mann Klaus Humpe. Als die Biogarten-Gruppe des Naturschutzbunds ihre Pflanzvorschläge der OGM darlegten, sei diese zunächst begeistert gewesen. Man plante in Absprache den Staudenmix – Indian Summer –, holte sich wissenschaftlich erprobte Tipps von den Unis in Weimar und Zürich.

Doch dann schaltete sich angeblich der Betriebsrat dazwischen: „Plötzlich hieß es: geht nicht“, erzählt Humpe. Nach seinen Aussagen befürchtete der Betriebsrat, dass mit der Einsparung von Pflege-Flächen auch Personalbeschnitt einhergehen werde.

Oberbürgermeister Wehling unterstützte das Projekt

„Wir haben daraufhin Oberbürgermeister Klaus Wehling angeschrieben“, so der Nabu-Mann. Dem wurde die Stauden-Debatte wohl zu bunt, und so kamen schließlich eines Tages Vertreter des Umweltamtes, der OGM, des Rechtsamtes, ein Mitarbeiter des OB-Büros und Vertreter des Nabu doch noch vor Ort zusammen. Humpe ist froh, dass Klaus Wehling die Aktion unterstützte, „es wäre sonst nicht möglich geworden“, glaubt er und lobt: „Die OGM hat sogar Mitarbeiter zum Ausgraben der Fläche bereitgestellt“.

100 Quadratmeter Bürgerengagement sind an der Ecke Gerichtsstraße und Danziger seit Mai vergangenen Jahres verwirklicht. Dafür wurde die Fläche 60 Zentimeter tief ausgekoffert und mit einer Schicht Magersubstrat gefüllt, in der die Stauden gedeihen. Darüber ist eine Schicht Split gegen Unkraut gelegt.

Angesichts der üppig blühenden Stauden wäre tristes Dauergrün die augenscheinlich langweilige Alternative, findet Humpe: „Vielleicht ist es ein Rezept für viele ähnliche Flächen.“ Dass es sich betriebswirtschaftlich für die Stadt lohnen könnte, glaubt der Nabu-Mann auch. Denn die Stauden sollen sehr einfach zu pflegen sein: Vor dem Frühjahr werden sie heruntergeschnitten, damit sie später ihre Blütenpracht entwickeln können. Unkraut setzt sich hier kaum durch. „Man hat fast das ganze Jahr etwas davon“, so Humpe, „und selbst wenn die Blüten verschwinden, sehen die Samenstände noch gut aus“. Schmetterlinge und Bienen fühlten sich von den Stauden zudem angezogen, so unterstützt man gleichzeitig die Fauna.

Regelmäßig klauben die Nabu-Leute Verpackungen aus dem Beet

Leider gilt die Anziehungskraft offenbar ebenso für die Verpackungen nahe gelegener Fast-Food-Ketten. „Es gibt Leute, die ihre Burger-Tüten achtlos hier reinwerfen“, räumt Humpe ein. Im Herbst kommen die üppigen Blätter der Platane vor dem Beet dazu. Regelmäßig aber machen die Nabu-Leute sauber – auch das gehört zum privaten Engagement. Vandalismus oder Blumenklau gab es bislang zum Glück nicht.

Die Bepflanzung zahlten die Nabu-Mitglieder übrigens aus eigener Tasche, Sponsoren fanden sie keine. „Es wäre aber schön“, meint Humpe, „wenn die Wirtschaft solche Projekte unterstützen würde.“

Bis zum Herbst einen Plan erstellen

Die Stadt ist klamm, Bürgerengagement ist gefragt. Hat die OGM Angst vor zu viel Ehrenamt? „Das ist totaler Quatsch“, erwidert OGM-Geschäftsführer Hartmut Schmidt. Auch der Betriebsrat habe keine Angst vor Personalabbau, wenn sich Bürger oder die Wirtschaft selbst um Grüngebiete kümmern: „Bei 850 Hektar Fläche, die wir im Auftrag der Stadt pflegen müssen, sind das Kleinstbereiche. Darüber muss man sich keine Sorgen machen. Wir sind eher dankbar, wenn Verbände, Vereine und Bürger es selbst in die Hand nehmen“, sagt Hartmut Schmidt, das sei die Geschäftspolitik der OGM.

Bunte Stauden statt eintöniges Dauergrün? Schmidt hält das Modell des Nabu nicht für jede Fläche geeignet: „Wir haben ganz unterschiedliche Gebiete zu betreuen.“ So benötige etwa der Ostfriedhof zehn- bis zwölfmal mehr Pflege als weniger besuchte Ecken. An manchen Stellen überlege man auch einen Wald anzupflanzen. Bis zum Herbst will die OGM einen Plan für alle Grünflächen aufstellen, „jeder ist eingeladen, seine Vorschläge und Empfehlungen bei uns einzureichen“, so Schmidt, „wir sind für alles offen“.