Oberhausen. . Das Oberhausener „Netzwerk Demenz“ will über diese Krankheit aufklären. Ein weiter Weg liegt dabei vor ihnen, sagen die Verantwortlichen selbst
„Das Thema wird immer noch verdrängt“, sagt Holger Eichstaedt. Vor knapp fünf Jahren initiierte er das „Netzwerk Demenz“, das die Krankheit stärker in den Fokus der Öffentlichkeit bringen will. Mit Francesco Cavallo, seinem Kollegen bei der städtischen Heimaufsicht, hat er einen Mitstreiter an seiner Seite. „Man muss die Menschen, die an Demenz erkrankt sind und heute am Rande der Gesellschaft stehen, sichtbar machen.“ Die wichtigste Aufgabe sieht Eichstaedt daher in der Aufklärung.
Schmerzen bleiben oft unerkannt
„Vergesslichkeit ist normal“, erläutert Francesco Cavallo. „Das ist nun mal ein Teil des Älterwerdens.“ Zuerst wurde darüber in der Familie oft gelacht. „’Ach, der hat schon wieder was vergessen’, heißt es dann.“ Denn tückisch an der Demenz sei, dass sie gerade in den Frühstadien kaum zu erkennen ist. Erst wenn sich die Symptome häufen, also zusätzlich zur Vergesslichkeit motorische Probleme und Verhaltensstörungen auftreten, suche sich der Großteil der Betroffenen medizinische Hilfe. „Meistens ist dann die erste Anlaufstelle der Hausarzt. Wenn man Glück hat, kennt der sich mit dem Krankheitsbild aus“, so Cavallo.
Ein großes Problem für Betroffene und Angehörige sieht er beim Thema Schmerzen. „Die Phase von der Feststellung der Krankheit bis zum Tod ist mit sehr vielen Schmerzen verbunden.“ Doch würde gerade dies, so Eichstaedt, häufig übersehen. „Dementen Menschen wird vielleicht Unruhe diagnostiziert und dann werden Psychopharmaka verordnet, obwohl derjenige in Wirklichkeit Schmerzen hat“, führt Cavallo aus. Das sei in zweierlei Hinsicht problematisch. Zum einen werden die Schmerzen nicht behandelt, zum anderen haben die Psychopharmaka in vielen Fällen Nebenwirkungen. „Die können zur Apathie führen, gleichzeitig nimmt der Antrieb zur Nahrungsaufnahme ab. Der Patient wird bettlägerig und bleibt dies bis zu seinem Lebensende.“
Noch ein weiter Weg
Das Thema Schmerz ist aus zwei weiteren Gründen schwierig. „Menschen mit Demenz können sich nicht mehr von Schmerzen ablenken.“ Zudem fehle die Fähigkeit, andere auf die eigenen Schmerzen hinzuweisen. „Sie äußern das dann durch Rumlaufen, Unruhe und Rumschreien.“ Hier biete sich ein Rückgriff auf die Babysprache an. „Man sollte dann einfach fragen, ob jemand ‚Aua’ hat.“ Generell sei es aber nicht der richtig Weg, so mit Demenzkranken zu reden.
Für einen besseren Umgang mit dem Thema Demenz wünscht sich Eichstaedt Schulungen für Menschen, die im Alltag oft in Berührung mit Demenzkranken kommen, etwa Polizisten oder auch Verkäufer. Das Fernziel sei die „demenzfreundliche Kommune“. „Da haben wir aber noch einen weiten Weg vor uns.“