Oberhausen.

Die Socken sind nass. Die am Fuß und die auf der Theke. Der Regen tropft durch die Kunststoff-Plane auf den Verkaufstisch und die Strumpf-Bündel. 4 Euro! 5 Euro! Sonderpreise! Es schüttet wie aus Eimern. Verkäuferin Edith Kietzmann kommt der Regen von unten entgegen. Sie schwärmt trotzdem vom Flohmarkt-Leben am Bero-Center. „Das ist ein ganz anderes Gefühl als im Laden.“

Die Landesregierung sieht das weniger sentimental, will bald den Verkauf von Neuwaren auf Trödelmärkten massiv einschränken. Grund: Der klassische Einzelhandel, der sonntags nicht öffnen darf, sei im klaren Nachteil.

Händler gegen geplantes Trödelverbot der Landesregierung

Es ist nicht von der Hand zu weisen: Das Angebot des Dinslakener Händlers, für den die 60-jährige Edith Kietzmann arbeitet, gleicht dem einer Sockenabteilung von Karstadt, Takko und Co. Klar, sei das Konkurrenz, gibt sogar die Verkäuferin zu, aber es dürfe doch nicht sein, dass der Trödel ganz ausstirbt. „Es ist doch ein schönes Spazierengehen sonntags. Bei uns kommen die Familien zum Einkaufen. So ein Gesetz würde auch viele Arbeitsplätze hier kosten.“

Ein Blick über das Gelände: Hier ist ein Stand neben dem anderen aufgebaut. Es gibt Parfumflaschen, Staubsauger, Salben, Joghurts und „Atom-Industrie-Klebstoff“. Was auch immer das genau sein mag. Die meisten Händler preisen ihre Ware als neu an. „Nagelneu“, betont Olaf Wendt, seine Uhren. Er wettert gegen die Landesregierung. „Wenn die uns den Markt verbieten, können die ihren Laden da ganz zu machen.“ Mit „Laden“ meint der 58-Jährige den Landtag.

Andere Markthändler wollen sich nicht zu den Plänen äußern. Sie wollen am liebsten überhaupt nicht reden. Zumindest nicht mit der Presse und nicht offen. „Bei dem da drüben ist alles geklaut“, sagt der Lampenhändler über den T-Shirt-Mann. Der seinerseits hat nichts Gutes für die Döner-Frau übrig. Viel Kleidung sei am Zoll vorbei nach Deutschland gebracht worden, erfährt man hinter vorgehaltener Hand. Bei Elektrogeräten handele es sich oft um Diebesgut. Parfums seien mit minderwertigen Substanzen gestreckt. Schwere Vorwürfe. Nachweisen lassen sie sich nicht.

Dosen ohne Pfandsiegel

Andere Dinge sind offensichtlich. Einer verkauft Dosen ohne Pfandsiegel. Er kassiert auch nicht die vorgeschriebenen 25 Cent Pfand. Dafür droht theoretisch ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000 Euro. Die Händler nehmen die leeren Dosen auch nicht – wie per Gesetz verpflichtet – zur Entsorgung zurück. Die Verkäufer interessiert das nicht.

Weiter am Multimedia-Stand: Ein Teil der Filme ist als Raubkopie erkennbar. „Pretty Woman“ fehlt die Originalhülle. Auf dem selbstausgedruckten Cover verläuft die Tinte im Regen. Andere Filme wurden ähnlich günstig produziert. Ganz klar: Dahinter steckt Methode.

Einige Händler führen säuberlich Buch über jedes Stück, das sie verkaufen. Bei anderen wandern alle Einnahmen in die Hosentasche. Wie wird das denn versteuert? Der Verkäufer versteht die Frage des Journalisten auf einmal nicht mehr.

Polizei und Ordnungsamt sind nicht zu sehen. Eine Händlerin, die vorgibt, alles korrekt zu machen, sagt: „Strafen bringen nichts. Das Geschäft geht weiter.“ Die schwarzen Schafe gehörten ja dazu.