Oberhausen. .
Streng genommen fehlt jemand auf der Besetzungsliste von „Frühlings Erwachen“, mit dem das Theater Oberhausen in dieser Spielzeit Premiere feierte: Neben den Mitgliedern des Ensembles, darunter manch vielversprechender Nachwuchsdarsteller, müsste sich eigentlich auch das Haus der Jugend wiederfinden. Denn das städtische Gebäude, in dem das Außenprojekt zu sehen ist, spielt in der Inszenierung eine tragende Rolle. Umso unglücklicher, dass dieser Akteur demnächst ausfällt. Schließlich würde das Theater – auch angesichts des großen Erfolgs der Inszenierung – gerne länger am John-Lennon-Platz spielen.
Immer ausverkauft– fürs Theater eine Seltenheit
Mehr als 1300 Zuschauer haben das Stück in ungewohnter Umgebung bislang gesehen, alle Vorstellungen waren ausverkauft – für das Theater alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Der große Zuspruch hat zum einen damit zu tun, dass es sich um Schulstoff handelt, zum anderen hat sich rumgesprochen, dass hier ein richtig guter Wurf gelungen ist. Das liegt nicht zuletzt am Schauplatz: Frank Wedekinds Pubertätsdrama von 1891 hat man in das verlebte Jugendzentrum von heute verlegt. Regisseur Karsten Dahlem nutzt dabei auf geschickte Weise fast das gesamte weitläufige Gebäude und dessen nähere Umgebung, führt die Zuschauer vom großen Saal in verschiedene Zimmer, bevor es im Innenhof zum ersten Paukenschlag und – zurück im Saal – zum Finale kommt.
Die Arbeit passt zum Haus der Jugend wie die Faust aufs Auge und wäre woanders kaum vorstellbar. Allein: Nachdem vor einigen Monaten schwere Mängel entdeckt wurden, wird das Gebäude zu Ferienbeginn geschlossen. Das zuständige Oberhausener Gebäudemanagement (OGM) hatte angekündigt, ab diesem Zeitpunkt keine Verantwortung mehr für den maroden Bau zu übernehmen. „Am ersten Ferientag ist Schicht“, sagt OGM-Geschäftsführer Hartmut Schmidt bestimmt. „Dann machen wir das Haus zu und tauschen die Schlösser aus.“ Für das Theater werde es keine Ausnahme geben. Ob die Stadt, die in den kommenden Monaten ein neues Konzept zur Jugendarbeit entwickeln will, dort noch einzelne Veranstaltungen zulasse, sei ihre Angelegenheit.
Stadt: Können keineAusnahmen machen
Auch bei der Stadt winkt man ab. „Wir müssen alle gleich behandeln“, sagt Kämmerer und Kulturdezernent Apostolos Tsalastras angesichts der anderen Gruppen, die nun Ausweichquartiere beziehen müssen. Er habe dem Theater angeboten, für „Frühlings Erwachen“ ebenfalls einen anderen Schauplatz zu suchen, auch wenn ihm bewusst ist, dass die Inszenierung nicht zuletzt von den räumlichen Gegebenheiten und dem abgewirtschafteten Charme des 50er Jahre-Jugendheims lebt. Vielleicht sei denkbar, in ein soziokulturelles Zentrum überzusiedeln, ins Zentrum Altenberg oder ins Druckluft.
„Das Stück wird nicht 1:1 übertragbar sein“, sagt Regisseur Karsten Dahlem, der für Gespräche über Alternativen dennoch offen ist. „Sonst würde man unser Stück ja genau so abreißen wie das Haus der Jugend vielleicht abgerissen wird.“ Was Theatermann Dahlem übrigens äußerst bedauerlich findet – und das nicht nur wegen „Frühlings Erwachen“. Während der Proben zu dem Stück verbrachte er viel Zeit am John-Lennon-Platz und erlebte den regulären Betrieb mit. „Was da an gesellschaftlich wichtiger Sozialarbeit geleistet wird, ist enorm.“
Tägliche Vorstellungen
Die – jedenfalls vorerst – letzten Aufführungen von „Frühlings Erwachen“ laufen kommende Woche täglich von Montag bis Donnerstag und sind ebenfalls bereits so gut wie ausverkauft. Wenige Karten gibt es noch für die Termine am Montag und Dienstag, 25. und 26. Juni, 11 Uhr. 85 78 184