Oberhausen. .

Die dunklen Winkel des Bunkers wirken manchmal kalt, dunkel und abweisend. Dabei tobt im Inneren das pralle Leben. In den Gängen des ehemaligen Schutzgebäudes steckt hinter kargen Stahltüren eine neue Welt. So auch für die Gruppe „Time“. Die Musiker haben an der Eichelkampstraße in Sterkrade einen Ort gefunden, an dem sie sich auf ihre Auftritte vorbereiten können.

Frank Erbing, Silvio Dellin, Werner Klinkhammer, Dietmar Pisch und Mark Lindemann treffen sich einmal in der Woche, um die Instrumente zu bewegen. Total verrockt! Schlagzeug, Gitarren, Boxen, Mikrofone - die Materialien sind hier nicht fein säuberlich gelagert. Denn hinter der dicken Tür ist Schluss mit dem kargen Einerlei der weißen Betongänge. Der Raum ist gemütlich eingerichtet - mit dem Geist des Rock’n’Roll: knallige Poster inklusive. Schluss mit der ungastlichen Eingangstür am Straßenrand, die zu Kirmeszeiten schon mal flegelhaft als Toilette missbraucht wird.

Im Geiste des Rock’n’Roll

Die Gruppe „Time“ hat sich eingerichtet. An ihrer Eingangstür im Flur des Bunkers ist es wohlriechend. Flauschiger Schaumstoff ziert den humorlosen Stahl, was aber weniger dem Kurs „Schöner Wohnen im Bunker“ zugerechnet werden kann, als vielmehr der Lärmschutzprävention. Mit der hat man hier wenig Last. Mark Lindemann verrät: „Der Bunker ist ein idealer Ort, weil es unmöglich ist, die Nachbarn zu stören.“

Gesellig ist es nicht im Sterkrader Gemäuer, aber auch nicht einsam: Sportvereine und Musikvereinigungen haben in den Nachbarräumen Quartier bezogen - getrennt durch dicken Beton. Im schnuckeligen Proberaum machen „Time“ ihr eigenes Ding. Seit 1989 existiert die Gruppe, die vor allem die großen Hits der Rockgeschichte spielt. Sänger Silvio Dellin, ein Gründungsmitglied, zählt auf: „Bryan Adams, AC/DC, Guns’n’Roses...“

Von der Tanz- zur Rockband

Wie die Gruppe damals zusammenfand, kann sich die aktuelle Besetzung heute nicht so einfach erklären. „Wir haben uns einfach gesucht und letztlich auch gefunden.“ Die Suche war zudem mit einem Genrewechsel verbunden - die Rock-lastige Gruppe „Time“ entstand Ende der 80er Jahre aus einer Tanzband. Warum spielt die Band heute Coverhits? „Es sollte etwas sing- und tanzbares sein. Hits, die eben jeder kennt!“

An ihren ersten Auftritt erinnern sie sich noch genau. Frank Erbing, ebenfalls von Anfang an dabei: „Das war im Bürgerhaus in Duisburg-Neumühl.“ 250 Besucher kamen damals zusammen. „Eine tolle Sache“, ist sich die Gruppe einig, das Konzert vom Januar 1990 gibt es noch im eigenen Archiv auf einem verrauschten VHS-Videoband.

Das Spiel vor Fans habe immer eine eigene Atmosphäre, ganz gleich ob in der Klitsche oder auf der großen Festival-Bühne. Die letzten Sekunden vor dem Auftritt sind für sie nicht für Meditation reserviert, eine Band wie „Time“ macht alles selbst. So wird vorher noch kräftig verkabelt und eingestimmt.

Buhlen um Auftritte

Eine Selfmade-Truppe, die nun - streng nebenberuflich - um Auftritte buhlt. Die Möglichkeiten zu spielen, sind nicht mehr geworden. Im Gegenteil. Lindemann: „Es gibt immer weniger Gelegenheiten, bei Festivitäten im Stadtgebiet aufzutreten.“ Gleiches gelte für die Kneipenszene, die schrumpfte, was bei den Bands zu Honorarausfällen führte. Daher reisen „Time“ verstärkt in die Nachbarschaft. An Gladbeck erinnert sich die Band besonders gerne. „Hier hatten wir beim Appeltatenfest unseren größten Auftritt!“ Bis zu 6000 Zuschauer beklatschten die rockigen Klänge - zwei bis drei Stunden dauert ein Gig normalerweise. Nicht so in Gladbeck. „Wir haben mit kleinen Pausen sechs Stunden gespielt - am Ende des Abends haben meine Finger gequalmt“, sagt Gitarrist Frank Erbing.

Auch wenn es für „Time“ bei Auftritten (Höhe abhängig vom Auftraggeber und sowieso streng geheim) einige Euro in die Bandkasse gibt, reich wird man dadurch nicht. „Kostendeckend!“ Schließlich müssen Instrumente, Transport, oder Internetseite selbst bezahlt werden.