Oberhausen. . Im Arbeitslosenzentrum wird ein Kochkurs „Kochen mit Hartz IV“, angeboten, bei dem man lernen kann. Auch mit wenig Geld im Portemonnaie Köstliches auf den Tisch zu bringen.

Es zischt, es brutzelt, und vor allem riecht es lecker – „das sind die Hackbällchen“, antwortet Anneliese Wagner und zeigt dabei unweigerlich ein Lächeln, das sagen könnte: „Typisch Mann.“ In der Küche des Arbeitslosenzentrums „Kontakt“ stehen die Kerle aber nicht nur mit der gespitzten Gabel in der Hand zum Essenfassen bereit. Sie kochen auch hin und wieder. Auch dabei hilft ihnen die engagierte 75-Jährige.

Hier rät sie zu mehr Salz, dort könnte Hähnchengewürz ran, „viele Menschen glauben, man braucht für gutes Essen besondere teure Kräuter. Das stimmt nicht unbedingt“. Denn selbst wenn das gemeinsame Kochen im „Kontakt“ genauso ein echtes Vergnügen für die Menschen hinter und vor dem Herd ist, wie überall anders auch – hier hat es ebenfalls einen ernsten Hintergrund: Wie bringt man ein gutes Essen auf den Teller, das man sich auch leisten kann? Ein heikles Thema, weiß auch Köchin Anneliese Wagner, denn immer wieder wollen Politik-Populisten à la Sarazin vorführen, dass es gehen soll. Nur um anschließend Kürzungen des Mindest-Regelsatzes ins Spiel zu bringen.

Wagner sagt deshalb mit aller Vorsicht: „Man kann sich von Hartz IV gesund ernähren. Aber man muss viel gucken und vergleichen.“ Die 75-Jährige hat einige Tricks auf Lager, denn sie hat das Kochen gelernt und „schon immer“ eine Großfamilie satt bekommen. Im Arbeitslosenzentrum bereitet sie – mit tatkräftiger Unterstützung – ein Menü zu für 15 bis 20 Menschen, die täglich für 2 Euro an den Mittagstisch kommen.

Für ihren „Frühlingstopf“ ist Wagner heute zum Sterkrader Markt gegangen und hat Blumenkohl gefunden. „Da war ein bisschen was dran, das kann man abschneiden. Wenn man die aber nimmt, spart man einiges.“ Oder konkret gesagt: 1,50 statt 3 Euro hat der nicht mehr ganz so schöne Kopf gekostet. Wie der im Regal aussah, sieht man aber später nicht mehr in der Suppe. Man merkt’s nur im Portemonnaie.

Es braucht Leidenschaft und Fantasie

Und weil es sich rumgesprochen hat, dass Anneliese Wagner für das Arbeitslosenzentrum kocht, sind manche Sterkrader Markthändler sogar spendabel und unterstützen „Kontakt“. Dann darf es ruhig ein bisschen mehr sein.

Tipp Nummer 2: Wer kurz vor Marktschluss eintrudelt, kann ebenfalls Schnäppchen machen. Viele Händler wollen ihre Ware nicht unbedingt wieder mitnehmen. Gelegenheit spart Kohle. „Man sollte am besten Obst und Gemüse der Saison kaufen“, gibt Wagner einen dritten Rat. Frische ist das A der gesunden Küche, kurze Garzeiten wiederum, viertens, das O. Denn mit dem verkochten Gemüse ziehen die Vitamine mit von dannen.

Fünftens: Planen und Einfrieren. Die Hackbällchen aus der Frühlingssuppe von Mittwoch eignen sich am Freitag nicht weniger gut für leckere Königsberger Klopse.

Was am Ende so gut riecht, dass sich der Magen knurrend meldet, braucht Leidenschaft und Fantasie bei der Zubereitung: „Wer von wenig Geld leben muss“, sagt die 75-Jährige, „hat aber häufig Angst vorm Kochen, weil er glaubt, es sei zu teuer. Armut macht traurig“, sagt sie. Sie kann ein Motivationskiller sein.

Wenn Anneliese Wagner mit Betroffenen im „Kontakt“ kocht, will sie zeigen, dass es Spaß macht und gut tut. „Learning by doing. Aber jetzt hab’ ich genug geredet, ich muss wieder ran.“ Natürlich an den Frühlingstopf.

Umzug vor zwei Jahren

Vor zwei Jahren zog das Arbeitslosenzentrum an die Robert-Koch-Straße 18. Die Finanzierung stand damals auf der Kippe, weil das Land unter CDU-Regierung die Unterstützung strich. Mit Rot-Grün hat sich dies geändert. Seit Anfang 2011 läuft die Förderung wieder. Auch nach 2012 soll sie weiter gehen. Neben einem Frühstück und Mittagessen bekommen bedürftige Menschen kompetente Beratung in allen sozialen und in Rechtslagen. „Kontakt“ hilft noch umfangreicher als bislang: „Seit wir umgezogen sind, kommen noch mehr Leute zu uns“, sagt Leiter Mike Laudon. Bis zu 60 Menschen werden täglich hier betreut, unter ihnen nicht nur solche, die von Hartz IV leben müssen, auch Rentner.