Mit Erfolg. Der beklagte Rewe-Markt-Chef stimmte folgendem Vergleich zu: Künftig wird die 400-Euro-Kraft Monika Bäcker, der laut Tarifvergütung 10,79 Euro zugestanden hätten, neun Euro brutto die Stunde verdienen. Außerdem muss der Marktleiter der Frau, die seit September 2009 für ihn arbeitet, 7500 Euro an Lohn-Nachforderungen zahlen. In drei Raten, weil der Geschäftsmann die Summe nicht auf einmal aufbringen kann.
Viel weniger Stunden
Für Monika Bäcker bedeutet das nicht nur, dass sie ihren Job behält. In einem Güteverfahren vor der Verhandlung hatte ihr der Marktleiter zunächst angeboten, eine Abfindung von 1500 Euro zu zahlen und das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Nein, die Fleischverpackerin muss künftig natürlich auch viel weniger arbeiten, um auf ihre 400 Euro zu kommen. „Bei 5,50 Euro waren es noch 72,5 Stunden im Monat, jetzt werden es so 44 Stunden sein“, schätzt sie.
Zuletzt hatte man Monika Bäckers Lohn bereits auf 7 Euro heraufgesetzt. „Aber das ist immer noch sittenwidrig“, sagt Verdi-Sekretär Günter Wolf. Sittenwidrigkeit liegt immer dann vor, wenn die Tarifvergütung um mehr als ein Drittel unterschritten wird.
Doch im Verfahren ging es bei weitem nicht nur um Sittenwidrigkeit. Monika Bäcker, die Wohngeld und Sozialleistungen bezieht, hatte erklärt, den Zusatzverdienst dringend nötig zu haben. Außerdem habe sie sich zunächst auf 5,50 Euro Lohn eingelassen, „weil ich früher als Zahnarzthelferin gearbeitet habe und mich mit Tarifen in anderen Bereichen nicht auskannte“.
Straftatbestand
Die Arbeitsrichterin Anne Hennemann dazu: „Wer als Arbeitgeber Notsituationen oder Unwissenheit der Arbeitnehmer ausnutzt, begeht Lohnwucher.“ Das sei ein Straftatbestand. Die Kammer überlege, die Akten zur Staatsanwaltschaft weiterzuleiten. „Ich erlebe es zum ersten Mal, dass eine Arbeitsrichterin das ins Gespräch bringt“, zeigte sich sogar Wolf überrascht.
Überrascht hatte auch der beklagte Marktleiter. Der ließ über seinen Rechtsanwalt erklären, er habe die Tarife für Mitarbeiter in diesen Bereichen selbst gar nicht gekannt. Anne Hennemann zitierte in diesem Fall lediglich eine Passage aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes. Danach ist davon auszugehen, dass die einschlägigen Tariflöhne den Arbeitgebern bekannt sind.
Wolf hofft nun nach diesem erfolgreichen Ausgang des Verfahrens, „dass viele Menschen den Mut aufbringen zu klagen“. Denn eines ist klar, der Erfolg Monika Bäckers bedeutet nicht, dass auch ihre Kollegen automatisch mehr Geld bekommen. Da müsste zunächst jeder für sich vor Gericht ziehen.
Richtig Ärger
Monika Bäcker blickt jedenfalls auch weiterhin optimistisch in die Zukunft. Ob sie denn nicht mit gemischten Gefühlen ihrer Weiterbeschäftigung entgegensehe? „Ach, die schimpfen doch alle schon die ganze Zeit über mich“, gibt sie sich selbstbewusst. Und sollte man versuchen, ihr aus fadenscheinigen Gründen zu kündigen, „dann gibt es richtig Ärger“, kündigt Wolf an.
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