Oberhausen.

„Ich hätte nie gedacht, dass die letzte Woche so schwer würde.“ Nach 35 Jahren verabschiedete sich Rainer Detmers (59) als Jugendleiter im Knappenviertel und geht in den Vorruhestand. Mit Wehmut. „An jedem Tag der Woche war ich irgendwo zum letzten Mal.“

Rainer Detmers und Oberhausen – keine Liebe auf den ersten Blick. „Ich bin Essener, habe dort Sozialarbeit und Sozialpädagogik studiert. Danach wollte ich in einer Gemeinde arbeiten, denn in Essen-Haarzopf habe ich eine engagierte Jugendarbeit mit Blick nach außen kennengelernt.“

In dieser Essener Gemeinde lernte er auch den langjährigen Friedensdorf-Leiter Ronald Gegenfurtner kennen: „Wir haben schon damals Spenden zum Oberhausener Friedensdorf gebracht. Und die Fahrt dahin führte vorbei an Industrie und alten, nicht mehr aktiven Hochöfen. Für mich war klar: Hier will ich nie hin.“ Genau hier ist er aber gelandet, als er Ende Mai 1977 in der Lutherkirchengemeinde seinen Job antrat.

"Jugendliche machten Disco selbst"

„Damals war das Jugendhaus an der Goethestraße abends von Jugendlichen umlagert. Es gab ja viel mehr als heute. Und es fehlten die technischen und kommerziellen Angebote“, erinnert sich der 59-Jährige. Eine einzige kommerzielle Disco gab es in der Stadt – „also machten die Jugendlichen selbst Disco“.

Zu seinen Aufgaben zählte 35 Jahre lang auch die Betreuung der Konfirmanden und die Begleitung von Freizeiten – bis in die Toscana. Detmers: „Ich war von meiner Arbeitszeit insgesamt gut drei Jahre auf Reisen.“

Die Arbeit im Knappenviertel wäre ohne die vielen ehrenamtlichen Helfer, die zumeist aus der Jugendarbeit kommen, unmöglich gewesen, betont der leidenschaftliche Radfahrer: „Inzwischen treffen sich schon mehrere Generationen aus dieser Arbeit am Heiligabend in der Lutherkirche, um gemeinsam ein Theaterstück aufzuführen. Eine Weihnachtsgeschichte mit aktuellen Bezügen.“ 500 bis 600 Besucher aller Generationen schauen dabei zu, sagt Rainer Detmers stolz.

Kissenschlacht in der Kirche

Schmunzelnd erzählt er, dass auch das Centro und der Kaisergarten zur Gemeinde gehören: „So kommt es, dass wir vor den Sommerferien im Tiergehege einen Gottesdienst feiern – mit Tieren.“ Auch die Lutherkirche selbst wird in die Jugendarbeit eingebaut: „In der Kirche kann man super Kissenschlachten machen.“

Sicher habe sich in 35 Jahren die Jugendarbeit verändert: „Doch ich weiß nicht, ob sich die Grundbedürfnisse der Jugendlichen wirklich verändert haben“, sagt Detmers. Sicher, die modernen Kommunikationsangebote werden genutzt, „aber Jugendliche wollen auch heute miteinander reden, gemeinsam etwas unternehmen.“ Seit einigen Jahren träfen sich bis zu 30 Jugendliche am Mäuerchen an der Kirche: „Sie haben es nicht leicht in ihrem Leben. Hier haben sie feste Regeln für den Umgang miteinander entwickelt, und alle halten sich daran“, schildert Rainer Detmers. Das gebe den Jugendlichen Sicherheit: „Die Gruppe ist ein Stück Heimat für die Jugendlichen.“

"Jugendarbeit braucht Kontinuität"

Sein Wunsch für die künftige Jugendarbeit: „Sie braucht Kontinuität. Und das ist aufgrund der finanziell schwierigen Lage heute kaum noch möglich. Jugendarbeit findet oft nur noch stundenweise statt.“ Auch müsse sich Jugendarbeit den modernen Gegebenheiten anpassen: „Durch den offenen Ganztag an Schulen muss sich die Arbeit verändern und mehr auf Wochenenden, Ferien und Projektarbeit setzen.“

Mit Menschen von drei bis 103 habe er gearbeitet. Neben der Jugendarbeit ist er auch im Besuchskreis der Gemeinde für die Senioren aktiv. Für seinen Ruhestand fürchtet er keine Langeweile: „Ich fahre viel Rad und werden weiterhin beim Senioren-Besuchsdienst mitmachen.“