Oberhausen.
Faul sitzt der „arbeitslose Arbeitslose“ Herbert Schwakowiak mit seinem Hund „Schalke“ und einer Bierflasche in der Hand den ganzen Tag auf dem Sofa. An Arbeit denkt er nicht. Diese Figur aus der Satire-Sendung „Switch Reloaded“ ist frei erfunden, viele Medien hält das jedoch nicht davon ab, diese zum Hartz-IV-Prototypen zu machen.
Da ist es kaum verwunderlich, dass die Betroffenen auch im wahren Leben oft solchen Vorurteilen ausgesetzt sind – Oberhausen sei da keine Ausnahme, sagt der Arbeitslose Randolph Rose (37): „Immer wieder begegnen mir Menschen mit dem Klischee vom faulen Bahnhofsgammler.“
Dass ihn das nicht nur nervt, sondern auch kränkt, ist klar – zumal er sich engagiert und gemeinsam mit acht weiteren Betroffenen im Rahmen eines Biwaq-Projektes (Bildung, Wirtschaft und Arbeit im Quartier) versucht, Vorurteile abzubauen.
Täglich werden Vorurteile bestätigt
134 Jugendliche und Erwachsene hat die Projektgruppe zum Thema Hartz IV befragt. Tatsächlich werden die Vorurteile bestätigt: Jeweils 60 Prozent (eine Mehrfachnennung war möglich) nennen „Bequemlichkeit“ und „persönliche Gründe“ wie Alkohol und Drogen als Hauptgründe für Hartz-IV-Bezüge. 59 Prozent machen „mangelnde Bildung“ dafür verantwortlich, 57 Prozent „mangelnde Eigeninitiative“ und nur noch 41 Prozent „Altersgründe“.
Unter dem Motto „Mit geschlossenen Augen vor die Wand“ wollen die Teilnehmer in erster Linie Augen öffnen, suchten nach der Umfrage das Gespräch mit den Befragten. Vor allem auf der Straße und in Schulen haben sie sich umgehört.
Gerade in Schulen haben sie zweischneidige Erfahrungen gemacht. Bei einem Klassenbesuch am Sophie-Scholl-Gymnasium führten sie eine rege Diskussion mit Schülern und konnten Vieles richtig stellen, doch sie bemerkten auch die Wissenslücken der Zehntklässler: „Viele wissen gar nicht, was der Unterschied zwischen ALG I und Hartz IV ist. Sie werden in der Schule nicht richtig auf den Arbeitsmarkt vorbereitet“, kritisiert Projekt-Teilnehmer Thorsten Bartz (37).
Schulformen nicht mehr zeitgemäß
60 Prozent der Befragten waren der Meinung, dass die Schulformen nicht mehr zeitgemäß sind. 73 Prozent sind der Ansicht, dass eine bessere Zusammenarbeit von Jobcentern, Schulen und Betrieben zu einer geringeren Jugendarbeitslosigkeit führen würde. Zudem glauben 60 Prozent, dass in Deutschland nicht genügend ausgebildet wird.
Auch das Thema soziale Gerechtigkeit spielte bei der Umfrage eine Rolle. Das Ergebnis: 63 Prozent sind der Meinung, dass die Hartz-IV-Berechnung ungerecht ist und ebenfalls 63 Prozent, dass Wirtschaft und Politik mitverantwortlich für die hohe Arbeitslosigkeit sind.
„Für uns war das Projekt ein guter Anlass, um Dialog zu schaffen und den Menschen unsere Situation zu verdeutlichen“, sagt Bartz.