Oberhausen. Laut Statistik liegt der Versorgungsgrad mit Hausärzten in Oberhausen aktuell bei 111,2 Prozent. Doch das könnte sich schon bald ändern. Denn viele ältere Ärzten finden keine Nachfolger für ihre Praxen.

Auf dem Papier sieht’s vorläufig noch gut aus: 108 Hausärzte kümmern sich in Oberhausen um die Kranken. Der Versorgungsgrad liegt somit laut Statistik aktuell bei 111, 2 Prozent. Was sich erstmal beruhigend anhört, in Zeiten, in denen viele Städte und Gemeinden in Sachen Hausärzteversorgung schon Alarm schlagen. Doch hinter den schönen Zahlen steckt eine andere Wahrheit. „Jetzt gerade ist die Lage noch in Ordnung, aber wenn die Älteren aufhören, wird es kritisch“, so Sprecher der Ärzteschaft Oberhausen Dr. Heinrich Vogelsang.

Der Altersdurchschnitt der Ärzte liegt in der Stadt bei 55 Jahren – und viele arbeiten auch noch, obwohl sie das Renteneintrittsalter schon überschritten haben. Fehlende Nachfolger sind das größte Problem. Dr. Vogelsang ist selbsrt bereits 62 Jahre alt und kümmert sich in seiner Praxis um rund 1400 Patienten. In drei Jahren könnte er aufhören: „Aber wenn ich keinen Nachfolger finde, dann mache ich weiter.“

Dabei können sich die Universitäten über fehlende Medizinstudenten nicht beschweren. Der Numerus clausus für Medizin liegt in NRW weiter im Einser-Bereich, weil der Andrang dermaßen hoch ist.

Medizinstudenten schlagen häufig andere Wege ein

Doch immer mehr Akademiker entscheiden sich nach der Uni für einen anderen Weg. „Viele wollen nicht zu den Patienten. Statt in Krankenhäuser oder Praxen gehen viele in die Industrie, um Produkte zu verkaufen“, erklärt der Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein in Oberhausen Dr. Ulrich Kröll: „Auch ins Ausland gehen viele Ärzte. Die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung sind einfach besser. Der Wunschtraum, als Arzt in Deutschland reich zu werden, ist vorbei.“

Einen anderen Grund für den Mangel sieht Dr. Vogelsang darin, dass immer mehr Frauen in den Ärzteberuf strömen. „Die Medizin wird weiblich. Wenn dann bei vielen die Familienplanung ansteht, arbeiten viele Ärztinnen nur noch halbtags. Das muss dann auch wieder kompensiert werden.“

Immer mehr Pflegebedürftige

Negativ beeinflusst auch der demografische Wandel das noch unsichere Bild für die Zukunft. Es gibt immer mehr, immer ältere Menschen, die auf intensive Pflege und ärztliche Versorgung angewiesen sind. Sicher ist, der demografische Wandel ist auch in Oberhausen schon zu spüren: „In meiner gesamten Laufbahn hatte ich nie so viele über 90-jährige Patienten im Wartezimmer, wie heute“, so Vogelsang.

Für die Zukunft wünscht sich der Mediziner zwei Dinge: „Ich hoffe, wir finden genug Nachfolger für unsere Praxen, damit die Versorgung gewährleistet ist.“ Dafür müsse Oberhausen als Stadt jedoch etwas an seiner Attraktivität tun. „Von der Politik wünsche ich mir, dass nicht ständig mit neuen Gesundheitsreformen Verwirrung gestiftet wird. Da muss Ruhe reinkommen, dann können wir arbeiten.“