Witten. . Landärzte mögen ihren Beruf, sehen die Zukunft aber pessimistisch. Eine Studie der Universität Witten-Herdecke zeigt: Finanzielle Anreize, wie sie die Politik in NRW setzt, zeigen nicht die gewünschte Wirkung. Den Ärzten fehlt es an Wertschätzung.
Neue Ärzte braucht das Land – allein, warum ist der Beruf des Landarztes offenbar so unattraktiv? Die Uni Witten/Herdecke hat nachgefragt bei jenen, die es wissen müssen: den Landärzten. „Die Kollegen vor Ort“, sagt Professor Stefan Wilm vom Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, „wissen sehr genau, was ihr Problem ist.“
Sonnental und Freudenberg haben die Forscher die untersuchten Städte genannt; wie sie wirklich heißen, will Wilm nicht verraten – die Teilnehmer der Studie wären sonst womöglich identifizierbar. Nur so viel: Beide Städte liegen „richtig ländlich“ irgendwo in Westfalen, haben um die 10.000 Einwohner, die von vier bzw. drei Hausärzten versorgt werden. Das reiche aus – noch. Drei der fünf befragten Ärzte suchen schon länger vergeblich einen Nachfolger bzw. Partner für ihre Praxis.
Dabei sehen die Landärzte selbst ihren Beruf durchaus positiv: „Der unmittelbare Bezug zum Menschen, das Vertrauen, das sie vor Ort spüren, das macht ihnen Spaß“, erzählt Wilm. Die enge Bindung zum Patienten, mitunter sogar über Generationen, „das bekommen Sie auf dem Land eher als in der Großstadt“.
Mangel an Wertschätzung
Auf der anderen Seite stehen Probleme, über die Ärzte allerorten klagen: Bürokratie, finanzielle Beschränkungen, immer mehr Patienten – und dazu speziell auf dem Land weite Wege. Hinzu komme das Gefühl, von der Gesellschaft immer weniger wertgeschätzt zu werden. Und diese Kränkung, sagt Wilm, empfänden Landärzte womöglich stärker als ihre Kollegen in der Stadt: „Gerade die Älteren haben noch erlebt, wie es ist, rund um die Uhr die Verantwortung für ein Dorf zu haben.“ Werden keine „vielfältigen Anreize“ geschaffen, sehen sie die hausärztliche Versorgung auf dem Land „massiv bedroht“.
Der Lohn des Landarztes
Was könnten solche Anreize sein? Eine gute Notdienstplanung etwa („das klappt in NRW schon ganz gut“), oder die Entlastung durch kommunale Patientenfahrdienste. Aber auch solche Fragen seien gerade für junge Ärzte wichtig: Gibt es genügend Schulen und Freizeitangebote am Ort?
Land NRW bietet Ärzten bis zu 50.000 Euro
Repräsentativ sei die Studie nicht – aber durchaus auch auf den Niederrhein übertragbar, erklärt Professor Wilm. In ersten Diskussionen mit anderen Medizinern habe es immer nur eine Reaktion gegeben: „Genau wie bei uns!“
Im NRW-Gesundheitsministerium wird man die Studie mit Interesse lesen. Schon vor zwei Jahren hatte der damalige Minister Karl-Josef Laumann (CDU) ein Förderprogramm aufgelegt. Jeweils bis zu 50.000 Euro stellt es Medizinern in Aussicht, die auf dem Land eine Praxis eröffnen. Zudem erklärte sich das Land bereit, die Weiterbildung zu fördern.
Bis heute wurden 44 Anträge genehmigt, zumeist fürs Münsterland. Insgesamt hatte es 91 Anträge gegeben. „Das sind nicht wirklich viele“, so eine Sprecherin des Ministeriums auf NRZ-Nachfrage. Am finanziellen Anreiz kann es aus ihrer Sicht nicht gelegen haben: „50.000 Euro – das ist doch nicht wenig Geld.“
Stefan Wilm dürfte sich dadurch bestätigt fühlen: „Geld allein ist nicht so wichtig, wie die Politik meint.“
Einen detaillierten Blick in die Studie gibt es hier. Die Arzt-Suchaktion des südwestfälischen Dorfes Wenholthausen findet sich unter www.dorf-sucht-arzt.de