Betreuung von Sexualstraftäter Helmut B. weiter ungewiss
•
Lesezeit: 4 Minuten
Oberhausen.
Hat der psychisch gestörte Sexualstraftäter Helmut B. im Oberhausener Therapiezentrum Freigang? Und wie genau wird er therapiert? Fragen, die Anrufer im Rahmen einer WAZ-Aktion den Experten des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) stellten.
Helmut B. ist am 15. September in Oberhausen angekommen. Die Menschen nehmen den Einzug des ersten psychisch gestörten Sexualstraftäters in der ehemaligen JVA, dem jetzigen „Therapiezentrum Oberhausen“, anscheinend gelassen hin. Jedenfalls gaben sich die Anrufer einer WAZ-Telefonaktion mit Experten des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR), dem Betreiber des neuen Therapiezentrums, sachlich.
Die Aufgeregtheit zu Beginn des Jahres als bekannt wurde, dass die erste Einrichtung nach dem neuen Therapieun terbringungsgesetz (Thug) für schwerst gestörte Gewalt- und Sexualstraftäter in Oberhausen eingerichtet werden soll, scheint der Neugierde auf das Leben eines Mannes gewichen zu sein, der gewissermaßen zum Pilotprojekt wurde. Denn immer noch ist Helmut B. der erste und einzige ehemalige Sicherungsverwahrte, der nach dem Thug betreut wird.
LVR-Dezernentin: Bis Ende 2012 kein Freigang für Helmut B.
Wobei der Begriff Therapie groß geschrieben wird. Und das wollten die Anrufer dann auch wissen, wie Helmut B. therapiert wird. LVR-Psychologe Gerd Hoehner erklärte, wie Menschen im Strafvollzug oder der Sicherungsverwahrung sich abschotten, nichts von sich preisgeben, weil sie das angreifbar macht. Wie ihr Leben in einem „Standby-Modus“ verharrt. Hoehner sprach deshalb gegenüber einem Anrufer von einer „Wiederbelebung“. „Die therapeutische Arbeit ist der Alltag“, sagte der Psychologe. Kontakte herzustellen, zu pflegen, zwischenmenschliche Konflikte zu lösen, die selbstständige Alltagsplanung, all das muss Helmut B., der über 60 Jahre alt ist und die meiste Zeit seines Lebens in Haft verbrachte, neu lernen.
Die Anrufer beschäftige weiter die Frage nach der Sicherheit. Darf Helmut B. das Therapiezentrum verlassen? „Freigang wird es für ihn in Oberhausen nicht geben“, konnte Martina Wenzel-Jankowski, Dezernentin beim LVR Rheinland, eine Anruferin beruhigen. „Die Diagnose und die folgende Anleitung zum Leben nehmen so viel Zeit in Anspruch, dass bis Ende 2012 auf keinen Fall ein Freigang erfolgen wird“, versicherte die Dezernentin.
Und der Mietvertrag für die ehemalige JVA sowie die Arbeitsverträge der 27 Mitarbeiter des „Therapiezentrums Oberhausen“ sind bis 2012 befristet. Ob Helmut B. überhaupt jemals Freigang erhalte, hänge vom Erfolg der Therapie ab.
Gerd Hoehner zeigte sich sogar skeptisch, dass Menschen, die in der Regel älter seien und die meiste Zeit ihres Lebens in Haft verbracht hätten, überhaupt jemals ein eigenständiges Leben würden führen können. Er kann sich da die Unterbringung in einem betreuten Wohnen vorstellen.
Eine Million Euro Personalkosten jährlich
Gibt es für den Mann auch keinen Freigang, hat er doch Donnerstag und Freitag vergangener Woche in Regensburg verbracht, wie die Anrufer erfahren konnten. Dort wurde Helmut B. angehört, muss gerichtlich entschieden werden, ob der Mann, der zunächst per einstweiliger Verfügung vom Oberlandesgericht Nürnberg nach dem Thug untergebracht wurde, tatsächlich weiter betreut wird. Und auch das wussten die Experten: Was die Beschwerde Helmut B’s gegen die einstweilige Verfügung beim Bundesverfassungsgericht betrifft, gibt es noch keine Entscheidung.
„Der Knoten ist durchgeschlagen.“ Zu dieser Einschätzung kommt Verena Peykan, Therapeutische Leiterin des Therapiezentrums, auch angesichts der zurückhaltenden Anruferzahl bei der Telefonaktion der WAZ. Die Einrichtung mit Helmut B. darin scheint im Alltag der Stadt angekommen zu sein. Peykan betonte noch einmal die zwei Säulen, auf denen das Konzept der Unterbringung beruhe: Sicherheitsvorkehrungen und Therapie. 27 Vollkräfte plus eine Leiterin, das klinge gewaltig angesichts eines einzigen Insassen. Aber bei 365 Tagen im Jahr und 24 Stunden pro Tag relativiere sich dies. „Das macht vier Personen pro Schicht“, so Markus Brehmer, Organisatorischer Leiter des Therapiezentrums, der die Personalkosten für das Therapiezentrum auf rund 1 Million Euro im Jahr bezifferte.
12 Anträge, 18 Plätze
„Wir schaffen Sicherheit durch Personaldichte und eine engmaschige soziale Kontrolle.“ Damit, wenn es zur Eskalation komme, genug da seien, um die Situation zu beruhigen. Brehmer verwies auf die Habachtstellung, in der sich der LVR als Vollzugsbehörde befinde: Jederzeit könne ein Eilbeschluss ergehen und ein weiterer Insasse einziehen. Nach Auskunft des zuständigen Gesundheitsministeriums liegen derzeit 12 Anträge bei Gerichten vor. 18 Plätze gibt es hier.
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.