Oberhausen. .

Monate haben die Frauen mit ihren Kindern im Frauenhaus verbracht. Doch wie soll es weitergehen? Neuen Mut sollen Betroffene jetzt mit Hilfe des EU-Projektes „Neubeginn! Ich kann mehr, als ich weiß!“ finden.

Zehnmal sollten sich die zunächst fünf Teilnehmerinnen treffen. Zwei sprangen gleich ab, eine musste den Kurs unterbrechen, zwei hielten durch. „Wir gehen biografisch vor“, erläutert Projektleiterin Ruth Damerius. Dabei kämen die Frauen natürlich immer wieder an Punkte, die belastet sind. „Um nach vorne gucken zu können, muss man zu dem Gewesenen erst einen gewissen Abstand haben“, zeigt Damerius Verständnis.

Freude an handwerklicher Arbeit

Iris (Name geändert) hat durchgehalten, auch für ihre beiden kleinen Kinder. Und so stellte sie für sich fest: „Ich bin sehr pünktlich, kann gut organisieren, habe immer einen Plan B im Kopf.“ Damit lässt sich arbeiten, bestärkte sie Ruth Damerius. Bei der Renovierung ihrer eigenen Wohnung hatte Iris viel Freude an handwerklicher Arbeit. „Ich habe mir inzwischen sogar schon eine Ausbildungsstelle zur Tischlerin besorgt“, erzählt die 27-Jährige stolz. Doch vorher will sie in ihrem Wunschberuf noch ein Praktikum machen. „Das ist ein Männerberuf und ich will erst gucken, ob ich damit klarkomme.“

Parallel will Iris ihren Sport-Übungsleiterschein B machen. „Den C-Schein habe ich schon in der Tasche.“ Damit steht auch Plan-B fest: „Ist die Tischlerei nichts für mich, könnte ich mir den Bereich Kinderbetreuung als Alternative vorstellen.“

Ruth Damerius nickt erfreut. Lektion gelernt. Das Anfertigen eines Profils - soll heißen, was kann ich mit meinem Kopf, den Händen, dem Herzen und den Füßen - hat Iris erkennen lassen, welche Stärken sie hat.

Vielleicht Friseuse

Sayesinde (Name geändert) ist zurückhaltender: „Ich war jahrelang nur zu Hause und habe nichts gemacht“, sagt die 42-Jährige leise. Die Auseinandersetzungen und die Übergriffe ihres Mannes hätten ihr keine Zeit zum Pläneschmieden gelassen. „Du hast gekocht, hast zwei wunderbare Mädchen groß gezogen, die beide zum Gymnasium gehen, du hast all das überlebt und deine Kinder beschützt“, führt ihr Damerius vor Augen. Mit Hilfe des Projektes ist der 42-Jährigen klar geworden: „Ich kann gut zuhören, mich in andere hineinversetzen.“ Doch sie weiß auch: „Ich muss erst besser Deutsch schreiben und sprechen, damit ich später auch Arbeit bekomme.“

Dann will sie vielleicht Friseuse werden, sagt sie bescheiden. Wirklich? „Nein“, räumt sie nach kurzer Pause ein, „eigentlich würde ich viel lieber Studieren“. Ruth Damerius weiß: „Hier muss ich am Ball bleiben - auch nach dem offiziellen Abschluss des Projektes.“

Äußerlich verändern

Das geht jetzt mit Birgit Prystaw in die zweite Phase. Die Bekleidungsingenieurin hilft den Frauen dabei, sich auch äußerlich zu verändern. „Wir durchforsten gemeinsam die Kleiderschränke und gucken, was für ein Vorstellungsgespräch passend sein könnte.“ Rollenspiele und Grundregeln in Sachen Benimm sollen den Frauen mehr Selbstsicherheit vermitteln. „Denn bereits bei der Begrüßung gibt es manchmal gravierende kulturelle Unterschiede.“

Im Rahmen des EU-Projektes erwerben die Frauen auch einen Profilpass, der nicht nur ihre Berufserfahrung auflistet, sondern auch, welche Fähigkeiten außerhalb des Berufes erworben worden sind und was durch die Arbeit in Familie oder Ehrenamt gelernt wurde. Dieses Zertifikat kann der Bewerbung beigefügt werden. Nach dem Abschluss des laufenden Kurses startet nach den Ferien im Frauenhaus sowie im Jumibo, Marktstraße 22, ein zweiter Durchgang. Die Teilnahme ist kostenfrei. Kontakt: 0173 435 68 89.