Oberhausen. .

Viele Frauen, die Opfer von Gewalt werden, verzichten auf die Flucht ins Frauenhaus - weil sie sich den Aufenthalt nicht leisten können. Mit einer Aktion vorm Landtag wollen nun die gut 60 Häuser in NRW auf ihre katastrophale Finanzsituation aufmerksam machen.

Es geht oft genug um Leben oder Tod. Dennoch: Viele Frauen verzichten auf eine Flucht ins Frauenhaus - weil sie sich einen Aufenthalt dort nicht leisten können. Um auf ihre katastrophale finanzielle Situation aufmerksam zu machen, planen die gut 60 Häuser in NRW am 24. März eine große Aktion vor dem Düsseldorfer Landtag. Auch die Mitarbeiter der Oberhausener Einrichtung sind dabei.

„In jedem Frauenhaus in NRW läuft die Finanzierung anders“, gibt Dorothee Schenke einen Einblick ins Dilemma. Das Oberhausener Haus etwa erhalte pro Jahr einen Landeszuschuss von etwa 87 600 Euro. „Mit der Auflage allerdings, davon unsere drei Personalstellen zu finanzieren.“ Was aber - wie ein Blick auf die Summe deutlich mache - unmöglich sei. „Dazu kommt, dass wir aus diesem Topf auch noch die Kosten für die Weiterqualifikationen unserer Mitarbeiterinnen begleichen müssen“, erläutert Schenke.

Finanzielle Lücke bleibt

Es bleibe eine Lücke von rund 125 000 Euro jährlich. „Eine ähnliche Finanzierungslücke gibt es in jedem Frauenhaus, deshalb sind wir NRW-weit gezwungen, von den Frauen Tagessätze zu verlangen“, ergänzt Sozialpädagogin Suna Tanis-Huxohl.

In der Praxis sehe das wie folgt aus: „Da kommt eine misshandelte Frau - oft auch noch mit ein

Viele Gewaltopfer kommen mit Kindern ins Frauenhaus.
Viele Gewaltopfer kommen mit Kindern ins Frauenhaus. © Knut Vahlensieck

em oder mehreren Kindern - zu uns und das erste, was wir klären müssen, ist, ob sie ihren Aufenthalt bei uns überhaupt bezahlen kann“, stellt Tanis-Huxohl verärgert fest. Bezieht die betroffene Frau Hartz IV springt die Arge ein. „Allerdings nur für eine begrenzte Zeit, denn das Frauenhaus soll Übergangslösung bleiben, was ja auch in Ordnung ist“, sagt Dorothee Schenke. „Bei rund der Hälfte der Frauen gibt es aber niemanden, der ihren Aufenthalt bezahlen könnte.“ Bei Tagessätzen von 33 Euro pro Person (pro Kind wird die gleiche Summe fällig), werde der Aufenthalt im Frauenhaus selbst für gut verdienende Frauen schnell unerschwinglich.

1000 Euro im Monat

„Da kommen im Monat für eine Frau alleine schnell 1000 Euro zusammen, die man neben den alten Verpflichtungen wie Versicherungen, Miete und die Kosten für Lebensmittel aufbringen muss“, erklärt Schenke. „Wir hatten hier schon Erzieherinnen, Lehrerinnen, die auf diese Weise schnell an ihre Grenzen stießen“, führt Suna Tanis-Huxohl weiter aus.

Aus eigener Tasche zahlen müssten aber auch Studentinnen, Auszubildende, Frauen mit unsicherem Aufenthaltsstatus und EU-Bürgerinnen. „Damit wird eine ganze Gruppe von Frauen von dem Schutz- und Hilfsangebot der Frauenhäuser ausgeschlossen - „oft mit lebensgefährlichen Konsequenzen“, so die beiden Sozialpädagoginnen. In der Not springt natürlich auch das Frauenhaus ein, bleibt dann auf den Kosten sitzen. „Auf Dauer geht das nicht, weil wir so selbst bald vor dem finanziellen Ruin stehen würden“, sagt Schenke.

Bürokratische Hürden

„Statt mit den traumatisierten Frauen über ihre Gewalterlebnisse sprechen zu können, dreht sich in den ersten Tagen alles nur um bürokratischen Hürden“, bedauern die Frauenhaus-Mitarbeiterinnen. Fazit: „Die Finanzierung der Frauenhäuser in NRW ist eine einzige Fehlkonstruktion und muss endlich geändert werden.“ Das meinen übrigens nicht nur Schenke und Tanis-Huxohl. Auch eine Sachverständigen-Anhörung im Landtagsausschuss für Frauenpolitik ist jetzt zu diesem Schluss gekommen.

Deshalb fordern die Frauenhäuser in NRW nun einheitlich: „Wir brauchen eine geregelte Unterstützung aus festen Geldern von Land und Kommunen - damit wir auch wirklich allen Frauen helfen können, die es nötig haben.“ Mit Unterschriftenlisten und der Kampagne „Schwere Wege leicht machen“, wollen die Frauenhäuser auf dieses Anliegen aufmerksam machen. Mehr Info dazu gibt es im Internet unter www.schwere-wege-leicht-machen.de.

Wer das Oberhausener Haus als ehrenamtliche Mitarbeiterin unterstützen möchte, ist am Donnerstag, 4. März, 20 Uhr bei der Jahreshauptversammlung in der Schwartzstr. 54 (Frauenberatungsstelle) willkommen.