Oberhausen. .
Die Oberhausener Politik ist sich uneins, ob nach verlorenen Gerichtsurteilen nun die seit 2006 falsch berechneten Müllgebühren für alle Bürger nachträglich neu kalkuliert werden sollen. Oder nur die 30 Kläger von Rückerstattungen zuviel bezahlter Gebühren profitieren sollen. Im Rat prallten die Fronten aufeinander.
„Reine Polemik“, „Das ist eine Lüge“, „Sie streuen Sand in die Augen“ „Sie sind unerträglich populistisch“, „Sie stehlen sich aus der Verantwortung“ - eine solche hitzige Debatte wie am gestrigen Montagabend im Rat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause entfachen die Oberhausener Lokalpolitiker nur selten, aber es ging ja schließlich diesmal um ein Thema, bei den Bürger im allgemeinen sehr sensibel reagieren - um Müllgebühren.
Diese werden den Oberhausenern seit fünf Jahren von der Stadtverwaltung falsch berechnet, wie sich rechtskräftig im Juni 2011 herausstellte (Az: 17 K 1141/09, Az: 9A 1901/09). Das 58-seitige Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf stuft am Ende zwar „nur“ die Berechnungsmethodik als rechtswidrig ein, doch lassen Teile der Urteilsbegründung durchaus den Schluss zu, dass die Müllgebühren zu hoch und nicht zu niedrig berechnet wurden - und werden.
Forderung nach Neuberechnung
Nun will die Stadtspitze nur den 30 Klägern Geld zurückerstatten, weil alle anderen Bescheide bereits rechtskräftig seien; der Bund der Steuerzahler und die CDU verlangen dagegen eine Neuberechnung der Gebühren für alle Bürger auch rückwirkend.
CDU-Fraktionschef Daniel Schranz wirft zudem der SPD-Mehrheit vor, viele Jahre lang untätig zugeschaut zu haben, wie die Müllverbrennungsanlage GMVA Niederrhein mit 200 Euro pro Tonne Hausmüll fast drei mal soviel Geld von der Stadt verlangt wie von Privaten. „Das ist fast sittenwidrig.“
Und dabei habe die GMVA Gewinne von bis zu 24 Millionen Euro pro Jahr eingefahren. „Da hat man sich auf Kosten der Bürger die Taschen voll gemacht“, sagte Schranz im Rat. Die Essener Bürger würden für ihre Hausmüll-Verbrennung in Karnap nur 45 Euro pro Tonne zahlen. Die SPD hätte im Interesse der Oberhausener versuchen müssen, neue Verträge mit niedrigeren Preisen auszuhandeln.
Große Bömer wetterte gegen Schranz
Das brachte SPD-Fraktionschef Wolfgang Große Brömer auf die Palme - und wütete mit den anfangs erwähnten Zitaten gegen Schranz. Schließlich habe die CDU-Fraktion selbst vor zehn Jahren den Verträgen mit der GMVA zugestimmt. Der private Anteilseigner Remondis habe die damals finanziell angeschlagene GMVA mit 300 Millionen Euro Schulden wieder auf Kurs gebracht. Die CDU habe schließlich immer das hohe Lied der Privatisierungen gesungen und wettere nun gegen Unternehmer, die Gewinne machen wollten.
Zudem habe man als Oberhausener Minderheits-Anteilseigner an der GMVA im Unterschied zur lange Zeit CDU-geführten Stadt Duisburg praktisch nichts gegen die Langfrist-Verträge tun können.
Zögern bei der Rückerstattung
Bei der Rückerstattung der zu viel gezahlten Müllgebühren an die Oberhausener zeigen sich die Ratsfraktionen von SPD und Grüne zögerlich. In einem am Montag sehr kurzfristig in die Ratssitzung eingebrachten Antrag fordern die beiden Koalitionspartner die Verwaltung auf, „unverzüglich“ den Gebührenbedarf für die Abfallbeseitigung neu zu berechnen - und zwar nur fürs Jahr 2011. Sollte sich dabei ergeben, dass die Gebühren zu hoch berechnet worden seien, solle dieses Geld „allen Gebührenzahlern im Jahre 2012 zu Gute kommen“.
Für das Jahr 2010 sollen nur die Kläger neue Gebührenbescheide erhalten.
Die CDU findet dies „unfair und ungerecht“. Zumal im Antrag die Jahre 2006 bis 2009 einfach unerwähnt blieben. Auch FDP-Fraktionschef Hans Otto Runkler bat die Stadtverwaltung, bürgerfreundlicher zu handeln.
Info: Die GMVA Niederrhein GmbH gehört zu 49% Remondis, zu 15,18% Oberhausen und zu 35,82% zu Duisburg.