Oberhausen. . Ein Nachbarschaftsstreit in Oberhausen ist eskaliert: Eine 55-jährige Rollstuhlfahrerin will den kleinen Vorgarten für sich haben, die neuen Nachbarn wollen ihn auch nutzen. Laut dem Vermieter liegen “zahlreiche Beschwerden“ gegen die Frau vor.

Beate Selmigkeit kämpft. Die fünf Stufen von ihrer Wohnung bis in den Vorgarten sind für die 55-Jährige wegen eines schweren Lendenwirbelsyndroms das Schwerste. In dem eigens umzäunten Vorgarten steht ihr Rollstuhl, dort kann sie ihren Hund ausführen, „im Sommer leb’ ich hier auf“, sagt sie.

Doch das kleine Idyll – vielleicht 3 mal 3 Meter groß – ist zur Kampfzone geworden, seit die neuen Nachbarn einzogen. Sie wollen ebenfalls ein Stück vom Gartenglück, beschweren sich über ihren Hund, setzen der Frau angeblich verbal zu: „Ich weiß, wie ich sie provozieren kann“, habe man ihr gesagt. Nun kämpft Beate Selmigkeit auch um ihren Seelenfrieden.

Der Nachbarschaftsstreit ist eskaliert

Nachbarschaftsstreitigkeiten sind leider keine Seltenheit. An der Straße Am dicken Stein ist er eskaliert. Die Fronten sind verhärtet: Denn Selmigkeit beansprucht den für die Hausgemeinschaft gedachten Platz, will die Nachbarn nicht in „ihren“ Garten lassen, „da steht mein Eigentum, den Zaun habe ich ebenfalls bezahlt“, erwidert sie.

Vor vier Jahren zog die 55-Jährige hier ein und vereinbarte mit dem Eigentümer Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft Sterkrade (GWG) den Vorgarten für sich nutzen zu dürfen. „Für mich ist es eine Möglichkeit rauszukommen, auch mein Hund stört hier keinen.“ Und den Unrat ihres Hundes kann die gehbehinderte Frau so einfacher selbst beseitigen.

Zahlreiche Beschwerden

Schriftlich bekam sie das Einverständnis von der GWG zwar nicht, mündlich habe es der Geschäftsführende Vorstand Olaf Rabsilber aber gegeben, sagt die 55-Jährige. Als der Nachbarstreit eskaliert, will die GWG davon zunächst nichts wissen: „Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass sämtliche Aufbauten mit uns abzustimmen sind und einer schriftlichen Genehmigung bedürfen“, stellt sich die GWG in einem Schreiben auf Seiten der Nachbarn. „Zahlreiche Beschwerden“ lägen gegen Selmigkeit vor, heißt es darin weiter, der Vorgarten „müsse jedem Mieter zur Verfügung stehen“.

„Warum werden meine Rechte jetzt infrage gestellt?“, ist Selmigkeit von der Reaktion enttäuscht. Dabei sei es zuerst gar nicht um den Garten gegangen, so die Frau: Angefangen habe alles mit den Mülltonnen. Weil diese den Zugang zum Haus für den Rollstuhl versperrten, wollte sie die Tonnen weiter entfernt aufstellen. Der längere Weg passte aber den neuen Nachbarn nicht. Sie beharrten darauf, die Tonnen im Vorgarten unterbringen zu können. Das war wiederum den Parteien im Erdgeschoss nicht recht.

Der Garten als Geschütz im Nachbarschaftskrieg

Seitdem werden die Tonnen mal an die Straße, mal wieder zurück an den Garten verschoben, führt der eine die „ständig“ offen gelassene Haustür ins Feld, der andere kontert mit angeblichem Hundekot und -geruch. Auch der Gartenstreit, vermutet Beate Selmigkeit, sei nur ein weiteres Geschütz in diesem Nachbarschaftskrieg.

Die wechselseitigen Beschwerden bestätigt GWG-Geschäftsführer Olaf Rabsilber: „Wir haben darauf gesetzt, dass die Hausgemeinschaft den Streit selbst beilegen kann.“ Als „klaren Hinweis“, eine Einigung unter sich zu erzielen, sei auch das zitierte Antwortschreiben zu verstehen. Das habe in der Siedlung bislang immer gut funktioniert, so der Geschäftsführer, und auch das Interesse am „eigenen Garten“ wertet er als „positives Zeichen, dass sich die Menschen hier wohlfühlen“. Nun will Rabsilber sich mit den Parteien zusammensetzen und alles von der Tonne bis zum Garten besprechen. Eine Lösung schwebt ihm vor: Die 55-Jährige soll ihren Garten behalten. Hinter dem Haus sei für die Nachbarn noch Platz für ein Stückchen Gartenglück. Die Tonnen sollen jedoch zurück in den Vorgarten. „Das ist mir egal“, sagt Selmigkeit, „hauptsache, ich habe wieder meinen Frieden“.