Wenn Detlef Weirich die Toilette am Hauptbahnhof nutzen will, wird ihm der Zugang schlicht versperrt: Zehn Zentimeter ragt die Schwelle der Baustellentür in die Höhe, die die Deutsche Bahn (DB) dort Anfang des Jahres eingesetzt hat. Das ist zu hoch für den 54-Jährigen, der wegen einer körperlichen Behinderung im Rollstuhl sitzt. „Außerdem ist die Tür gar nicht breit genug.“

Weirich demonstrierte gestern gemeinsam mit rund 30 Vertreter der Parteien und Mitgliedern des Beirats für Menschen mit Behinderungen auf dem Bahnhofsgelände. Organisiert wurde die Zusammenkunft von den Grünen, „weil wir genug von der Salami-Taktik, diesem Hinhalte-Spiel der Deutschen Bahn haben“, so Grünen-Vorstandssprecher Andreas Blanke. Er sieht die DB in der Verantwortung.

Udo Kamp-Schulte, NRW-Sprecher der Bahn gibt den Staffelstab weiter: „Mit dem Ersatz der Tür haben wir die Firma Hering beauftragt. Wenn das derzeitige Provisorium Probleme bereitet, ist sie zuständig.“ In dem Unternehmen sieht man das aber anders: „Die Tür hat die Bahn eingesetzt, sie ist verantwortlich“, sagt ein Mitarbeiter gegenüber dieser Zeitung. Er verspricht aber auch: „Ende Oktober kommt die neue Schiebetür, dann wird die Toilette wieder für jedermann zugänglich sein.“ Für die Zwischenzeit sieht er keine Alternative zur Baustellentür: „Herausnehmen können wir sie nicht, dann ist die Anlage innerhalb weniger Stunden versaut.“

Für die Grünen stiehlt sich die Bahn noch in anderen Bereichen aus der Verantwortung. Steffi Opitz, sozialpolitische Sprecherin und Stadtverordnete, bemängelt den noch immer fehlenden Aufzug zu den Gleisen 13 und 14, an denen vor allem ICE halten. „Als Rollstuhlfahrer hat man keine Chance, von Oberhausen den direkten Fernverkehr zu nutzen“, sagt auch Hans-Jürgen Nagels, sozialpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. DB-Sprecher Kamp-Schulte: „Im Rahmen der Modernisierungsoffensive Zwei wird an diesen Gleisen ein Aufzug installiert.“ Wann? „In den nächsten Jahren.“

Nagels wünscht sich, dass Menschen mit Behinderungen von Anfang an in Planungsprozesse einbezogen werden: „Ein Beispiel für mangelndes Engagement seitens der Stadt ist die Behindertentoilette an der Marktstraße.“ Dort sei der Schließmechanismus, der über einen genormten Euro-Schlüssel in Gang gesetzt wird, beschädigt worden. Seit anderthalb Jahren versuche man, so heißt es aus der Verwaltung, mit der Betreiberfirma Schroer Kontakt aufzunehmen, um das Schloss wieder in Ordnung zu bringen. „Es ist ein Unding, dass das noch nicht geschehen ist“, sagt Nagels. „Derzeit ist die Toilette für jeden freizugänglich, nicht abzuschließen und immer verschmutzt.“

Nagels fordert einen Aktionsplan


Inklusion ist die volle, gleichberechtigte Einbeziehung von Menschen mit oder ohne Behinderung in eine Gemeinschaft. Hans-Jürgen Nagels (CDU) ist Vorsitzender des Beirats für Menschen mit Behinderung und Mitglied der Landesversammlung Rheinland, die die Arbeit des LVR gestaltet.

Wie steht’s um die Inklusion in Oberhausen?

Das Thema wird nicht angegangen. 2009 haben Bundestag und Bundesrat der UN- Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen zugestimmt, damit hat sie rechtlichen Charakter. Länder und Kommunen stehen in der Pflicht, sie umzusetzen. In einigen Städten geschieht das. Sozialdezernent Frind will aber abwarten, bis Düsseldorf eine Regelung trifft. Das halte ich für falsch.

Was sollte geschehen?

Es sollte ein Aktionsplan entwickelt und eine bereichsübergreifende Arbeitsgruppe installiert werden. Es muss ein Bewusstsein für die Bedürfnisse von behinderten Menschen entstehen. Über den Bundesrat haben Länder und damit die Kommunen der Konvention zugestimmt. Eltern, die ihr behindertes Kind auf eine Regelschule schicken wollen, können sich darauf berufen.

Wie unterstützt der LVR als größter Dienstleister für Menschen mit Behinderung den Prozess?

Der LVR bietet seit kurzem eine Inklusionspauschale an. Regelschulen, die Kinder mit Handicap aufnehmen, erhalten einen jährlichen Zuschuss, um etwa Umbaumaßnahmen zu bezahlen. Ich weiß, dass die Bevölkerung weiterhin skeptisch gegenüber integrativem Unterricht steht. Die Politik darf diese Diskussion aber nicht scheuen.