Oberhausen. .

Zur Diskussion um das Engagement der Kurzfilmtage für kulturelle Bildung in Oberhausen und die Beteiligung von Schulen am Festival nimmt Lars Henrik Gass Stellung.

Gass: „Die kulturelle Bildung stand immer schon im Mittelpunkt der Arbeit der Kurzfilmtage, die in der Volkhochschulbewegung verankert sind. Dieser Tradition fühle ich mich in hohem Maße verpflichtet.

Ganz besonders trägt hierzu auch das Kinder- und Jugendprogramm der Kurzfilmtage bei, immer noch das einzige seiner Art in Deutschland. Dieses Programmsegment beschränkt sich nicht nur auf den Wettbewerb für Kinder- und Jugendfilme, sondern umfasst vor allem auch zahlreiche medienpraktische und medienpädagogische Veranstaltungen, die Oberhausener Kindern und Jugendlichen, aber auch Lehrerinnen und Lehrern zugute kommen. Diesen Bereich haben die Kurzfilmtage in den letzten Jahren stark ausgebaut.

Die Kurzfilmtage haben allein in den letzten Monaten über 70.000 Euro an zusätzlichen Mitteln zusammengetragen, um Projekte wie „Laute Kinder“, „Apokalypse“, „Wie sehe ich Dich?“ oder „Kinder haben die Wahl“ zu realisieren. In diese Berechnung fließen die Mittel für Lehrerfortbildungen nicht einmal ein. Es handelt sich hier ausschließlich um Mittel, die nur Sonderprojekte betreffen, nicht den üblichen Programmstandard des Festivals. Nirgendwo steht geschrieben, wir hätten solche Projekte durchzuführen. Es war unser Wunsch, diese Projekte in und für Oberhausen zu machen. Das heißt, wir konnten in hohem Umfang innovative und z.T. einzigartige Projekte der kulturellen Bildung in und für Oberhausen realisieren, die nicht zu Lasten des städtischen Haushalts gingen, sondern im Honorar- und Dienstleistungsbereich sogar in die Stadt flossen.

Die Kurzfilmtage werben intensiv für ihre Kinder- und Jugendprogramme. Wir produzieren ein eigenes Kinder- und Jugendmagazin mit einer Auflage von 10.000 Stück, das vor allem in den Oberhausener Schulen verteilt wird, dazu eigene Flyer, Plakate usw. Zusätzlich sprechen die Kurzfilmtage die Oberhausener Schulen direkt und umfassend an. In diesem Bereich arbeiten wir mit der Agentur Sehsternchen zusammen, die in Oberhausen über hervorragende Kontakte zu den Schulen verfügt. Die Behauptung, Schulen seien nicht oder unzureichend angesprochen worden, ist falsch. Jede Schule wurde auch für dieses Festival wieder per Post, Fax und E-Mail und z.T. auch, wenn nötig und möglich, per Telefon eingeladen. Auf einem anderen Blatt steht allerdings, ob innerhalb der Schulen die Angebote an alle Stellen, ob interessiert oder nicht, weitergeleitet werden.

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Wir saßen und sitzen oft in den Schulen und bei Schulleiterkonferenzen, um für unsere Angebote zu werben. Gerade weil die Anmeldungssituation vor einigen Jahren rückläufig war, haben wir unsere Zusammenarbeit mit der Schulbehörde und dem örtlichen Medienzentrum abgestimmt und verstärkt. Der Oberhausener Kulturdezernent Apostolos Tsalastras hat vor kurzem Kulturbeauftragte der Schulen benennen lassen – eine sehr sinnvolle Einrichtung, wie ich finde. Leider nur haben immer noch nicht alle Schulen solche benannt. Die Beobachtung, dass die Kommunikation außerschulischer Angebote der kulturellen Bildung in die Schulen selber schwierig bis sehr schwierig ist, wird von allen mir bekannten Kulturschaffenden geteilt, ob offen oder hinter vorgehaltener Hand.

In dem Gespräch, das nun Gegenstand des Anstoßes ist, formuliere ich keinen Vorwurf, sondern lediglich einen Befund, wenn auch aus meiner subjektiven Sicht. Ich behaupte auch nicht, in Oberhausener Schulen gebe es keine engagierten Schüler und Lehrer, denn mit solchen haben wir wiederholt zusammengearbeitet. Ich behaupte lediglich, es sei schwierig, sie zu finden. Viele Schulen erreichen wir trotz aller Anstrengungen nicht; dennoch interessieren und engagieren sich viele Schulen, Lehrer und Schüler, deren Arbeit ich an dieser Stelle ausdrücklich würdigen und denen ich danken möchte, für die kulturellen Angebote dieser Stadt – in Oberhausen, aber auch bis hin nach Dortmund und Köln.

Auch wenn die Anmeldungslage für unsere Kinder- und Jugendprogramme in diesem Jahr besser war, konnten wir dieses Ergebnis nur um den Preis erheblicher zusätzlicher Anstrengungen erzielen. Es ist mir bewusst, dass gerade bei den weiterführenden Schulen auch massive strukturelle Gründe, die im Lehrplan und in der Folge durch Überlastung herrühren, vorliegen. Wenn trotzdem eine Schule oder ein Lehrer auf uns zukommt, freuen wir uns um so mehr über jede mögliche Zusammenarbeit. So etwa bei dem Kölner Lehrer und seinen Schülern, mit denen wir bei der Moderation der Schulprogramme zusammenarbeiten. Ich wäre sehr froh, wenn Oberhausener Lehrer auf uns mit Vorschlägen zukämen oder wenn diese Initiative sogar Nachahmer fände.

Ich empfinde die gegenwärtige Empörung als wenig hilfreich, denn worüber man sich auseinandersetzen sollte, das sind die bildungspolitischen Rahmenbedingungen von außerschulischen Angeboten im Bereich kultureller Bildung. Auch wenn wir als Kurzfilmtage in außerordentlichem Maße Angebote zur kulturellen Bildung realisieren können, so können wir doch Defizite im Bereich der Sozial- und Bildungspolitik nicht ausgleichen. Daher suchen wir seit Jahren Verbündete, um Filmbildung stärker im Unterricht zu verankern.

Im Grunde hätte Oberhausen die besten Voraussetzungen, hier nachhaltig Einfluss zu nehmen, denn der Vorsitzende der Oberhausener SPD ist nicht nur zugleich Vorsitzender des Ausschusses für Schule und Weiterbildung im Landtag NRW, sondern derzeit auch mit der nötigen Mehrheit ausgestattet, die Rahmenbedingungen kultureller Bildung zu verbessern. Wer anderen automatisch eine „Bringschuld“ unterstellt, muss auch die Frage gestatten, was man selber zur Förderung der kulturellen Bildung und des kulturellen Klimas in dieser Stadt beiträgt. Im Rathaus hängt auf den Fluren ein Plakat der Stadt Oberhausen, das heißt „Oberhausen – Ideen und Visionen“. Daran sollten wir immer denken. Im Grunde haben wir mit dieser Diskussion eine Chance erhalten: eine Chance für kulturelle Bildung.“

Dr. Lars Henrik Gass

Leiter Internationale Kurzfilmtage Oberhausen

Oberhausen, 16. Mai 2011