Oberhausen. . Ein neues Gutachten zeigt: Mit 5959 Euro Schulden pro Einwohner steht Oberhausen an der NRW-Spitze. Und: Für einen Ausgleich seien reichere NRW-Kommunen in der Pflicht. OB Klaus Wehling hofft nun auf den “Solidaritätsbeitrag“ unverschuldeter Städte.
Der Titel klingt schon mal vielversprechend: „Konzept zur Rückgewinnung kommunaler Finanzautonomie im Land Nordrhein-Westfalen“. Kein Wunder, dass man das von der rot-grünen Landesregierung in Auftrag gegebene Gutachten auch im Oberhausener Rathaus mit Spannung erwartet hatte. „Wir haben lange für eine fundierte Betrachtung gekämpft“, sagt Kämmerer Bernhard Elsemann (SPD). Das 300 Seiten-Papier sei „eine gute Grundlage für politische Entscheidungen“.
„Kommunale Familie“
Dass dringender Handlungsbedarf besteht, macht das Gutachten einmal mehr deutlich. Vor allem die hohen Kassenkredite vieler Kommunen seien alarmierend, so die Wissenschaftler, deren Zahlenwerk Oberhausen mit 5959 Euro Schulden pro Einwohner den notorischen Spitzenplatz zuweist. Gemeinsam mit Essen, Duisburg, Wuppertal und Dortmund vereine man 40 Prozent der nordrhein-westfälischen und 20 Prozent der bundesweiten kommunalen Kassenkredite auf sich.
Zur Lösung des Problems schlagen die Gutachter verschiedene Modelle der Beteiligung von Bund, Land und Kommunen vor, die allesamt in der Pflicht seien. Neu ist die starke Betonung der „kommunalen Familie“, sprich: Reichere Städte sollen für ärmere zahlen. Ist das gerecht?
Deutliche Sparanstrengungen vor Ort
„Zweifellos“, sagt Oberbürgermeister Klaus Wehling (SPD), „hier ist Solidarität geboten“. Kämmerer Elsemann verweist auf die sich weitende Kluft zwischen Städten wie Oberhausen und Düsseldorf. „Wir wollen kein kommunistisches Modell der Gleichmacherei, aber die Unterschiede sollten sich in einem gewissen Korridor bewegen.“ Auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Daniel Schranz hält Ausgleichszahlungen für „grundsätzlich fair: Letztlich würden von strukturellen Änderungen auf Bundes- und Landesebene ja auch die reicheren Städte profitieren.“ Zugleich müsse aber klar werden, dass man vor Ort deutliche Sparanstrengungen unternehme. „Es kann natürlich nicht sein, dass hier die Busse doppelt so oft fahren wie in einer Geberstadt.“
Das Gutachten formuliert durchaus hohe Erwartungen an die notleidenden Städte selbst. Schon im ersten Jahr soll ein ausgeglichener Haushalt vorliegen. Bis 2020 sollen die Kommunen ihre Kassenkredite halbiert haben. Realistisch? „Das hängt davon ab, wie groß die Zuflüsse der anderen Ebenen sind“, sagt Schranz und auch Elsemann spricht von „vielen Fragezeichen“, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des aktuellen juristischen und politischen Streits über den NRW-Haushalt.
"Bürgerbeitrag"
Info „Bürgerbeitrag“: Das Gutachten von Martin Junkernheinrich und Thomas Lenk bringt auch einen „Bürgerbeitrag“ ins Gespräch. Er soll eine „präventiv wirkende Signalfunktion“ haben und über eine Erhöhung der Grundsteuer erhoben werden, falls die Kommune es nicht schafft, den Haushalt auszugleichen. Bernhard Elsemann hält das für „ein schwieriges Thema, weil die Bürger auf diese Weise für politische Entscheidungen und den Strukturwandel bezahlen“. Daniel Schranz findet den Ansatz, die Bürger einzubeziehen, „nachvollziehbar. Wir dürfen die Schraube aber nicht überdrehen.“