Oberhausen. .
Elf Waschmaschinen, fünf Trockner: Waschtag im Waschsalon. Die WAZ schaute sich eine Stunde lang das Treiben im Waschsalon in Sterkrade an. Obwohl 93 Prozent aller Haushalte in Deutschland eine Waschmaschine besitzen, läuft das Geschäft.
Die Tür klemmt. Nicole Luft hilft von innen nach, fast fällt man ihr in die Arme, als die Klinke endlich nachgibt. Heute sei gar nicht so viel los, entschuldigt sich die 41-jährige Blondine und zeigt auf den fast leeren Waschsalon, der seine großen Fenster der Steinbrinkstraße öffnet. Eine der Industriewaschmaschinen hat gerade zum Schleudergang angesetzt, so dass Luft etwas lauter sprechen muss. Ein Glas Wasser bietet sie an, Kaffee gebe es leider nicht, weil das Bistro im Nebenraum vor Kurzem geschlossen wurde. „Das hat kaum einer genutzt. Die meisten bringen ihre Wäsche und gehen dann einkaufen.“ Sitzen bleiben nur wenige.
Uwe Meißner ist einer von ihnen. Der 49-Jährige hat an dem mit Plastikfolie überzogenen Tisch vor den fünf Trocknern Platz genommen und liest Zeitung. Die Erde eiert, steht auf der Titelseite, deshalb haben sich die Sternzeichen verschoben. Meißner schüttelt darüber seinen runden Kopf, bevor er ihn wieder in die linke Hand stützt und weiter blättert. „Das ist mein Samstagmorgen: in Ruhe Zeitung lesen oder ein bisschen erzählen. Meine Wäsche wäscht sich von selbst.“ In der Maschine Nummer zwei, auf 60 Grad.
Eigene Waschmaschine hat keinen Platz
Meißner erzählt von seiner kleinen Wohnung, weiter unten an der Steinbrinkstraße, die für ihn allein ja ganz ausreichend sei. Eine Waschmaschine finde dort aber keinen Platz. Deshalb läuft der groß gewachsene Mann mit der Tätowierung am rechten Unterarm regelmäßig durch das Sterkrader Zentrum zum Salon. Dabei hat er stets sein schwarzes „Wägelchen“ im Anschlag, eine dieser Einkaufstaschen auf Rollen, wie sie besonders die Älteren für ihre Einkäufe nutzen. Die wird Meißner später auch erledigen, dann geht es nach Hause zum Fußball gucken.
„Schalke spielt“, blickt Nicole Luft vom Bügelbrett auf und einen Moment kommen die Anhänger ihres silbernen Armbands, die immerzu im Takt des Bügelns aneinander schlagen, zum Stehen. An die 60 T-Shirts und Hemden hat sie an einem geschäftigen Tag zu falten, heute ist es nur ein grauer Korb. „Für Kunden, die nicht selbst waschen wollen, übernehmen wir das.“
Tagesdecke ist für die eigene Waschmaschine zu groß
Im Radio läuft ein Popsong, die Maschinen stehen kurz still, nur der große Trockner mit der Nummer 13 brummt. Vor ihm steht unentschlossen ein junges Paar. Drei Minuten müssen sie noch warten auf die Tagesdecke, für die die heimische Waschmaschine zu klein ist. „Meine Mutter hat mir den Laden hier empfohlen“, sagt Loana Fioravaneti. Gelangweilt spielt sie mit dem Plüschteddy an ihrem Schlüsselbund, dann piepst der Trockner. Freund Daniel faltet die orangefarbene Steppdecke auf Kante, Fioravaneti zieht einen schwarzen Müllsack darüber. Zum Abschied ein helles „Tschüss“ – Im Türrahmen ein dunkles „Hallo“.
Ulrich Pieper hat nicht viel Zeit, dafür aber einen ganzen Schwung Wolldecken im Arm, den er in eine 13-kg-Maschine stopft. Am Automaten gibt’s für 8,50 Euro grünes Licht und Waschpulver, er kennt das Prozedere. „Jetzt läuft das Ding“, ruft er Nicole Luft zu. „Ich geh dann zum Friseur.“
SB-Wäsche in Sterkrade seit 2005
Knapp 93 Prozent aller Haushalte in Deutschland besitzen eine Waschmaschine. Eigentlich schlechte Bedingungen für einen Waschsalon, trotzdem halten sich in unserer Stadt einige dieser Selbstbedienungsläden, in denen man für etwa 4 Euro eine kleine, ab 8,50 Euro eine große Ladung Wäsche sauber bekommt. Wer will, kann sein Knäuel abgeben und bekommt es für etwas über zehn Euro schrankfertig zurück. Den Salon an der Steinbrinkstraße gibt es seit 2005, geführt wird er von Ruth Gregorius. Nicole Luft ist eine von drei Angestellten.