Oberhausen.

Ehemals sicherheitsverwahrte Gewalttäter sollen im Gefängnis Oberhausen unterkommen. Während die Wirtschaft offenbar keine großen Bedenken gegenüber der neuen Einrichtung hegt, fürchtet Tourismus & Marketing Oberhausen negative Auswirkungen.

Die Wirtschaft glaubt zwar nicht, dass die neue Einrichtung für schwere Gewalttäter in Oberhausen die Ansiedlung neuer Unternehmen gefährdet, doch die Touristiker der Stadt haben durchaus Bedenken. Das Sankt-Florian-Prinzip sei auch im Fall der psychisch gestörten Gewalttäter, die in Oberhausen untergebracht werden sollen, keine Lösung, sagt Dirk Grünewald. Der Präsident der Industrie- und Handelskammer Essen, Mülheim, Oberhausen möchte „nicht ins gleiche Horn tuten“, in das Kritiker landauf, landab bei industriellen Projekten wie dem Bau von Kraftwerken oder Pipelines blasen.

Es brauche bei umstrittenen Vorhaben dieser Größenordnung immer „den Mut zur Entscheidung“, sagt Grünewald. „Ich vertraue darauf, dass die Sicherheit der Bevölkerung gewährleistet ist.“ Grünewald hat auch ganz persönlich Grund dazu, besucht seine Tochter doch das in unmittelbarer Nähe zur Justizvollzugsanstalt gelegene Elsa-Bränd-ström-Gymnasium.

Tourismusbranche zeigt sich skeptisch

Negative Einflüsse auf die Ansiedlungspolitik von Industrie und Handwerk erwartet der IHK-Präsident nicht. „Bei all unseren Umfragen sind mir solche Argumente nicht untergekommen.“ Das Image einer Stadt, das Sich-Geborgen-Fühlen, habe natürlich eine Bedeutung, entscheidend für Ansiedlungen seien aber harte Faktoren. „Dass wir bei der Grund- und Gewerbesteuer Spitzenreiter in Deutschland sind, das beschäftigt die Unternehmen.“

Bei Tourismus & Marketing Oberhausen hofft man nach dem Glücksfall Paul aus dem Sommer 2010, dass in der Sache Gewalttäter „noch nicht das letzte Wort gesprochen ist“. Michael Schmitz fürchtet ansonsten, dass Oberhausen vor allen Dingen bei Menschen, die Ressentiments gegenüber der Stadt haben, Negatives hängen bleibt. „Die Einrichtung wird jedenfalls in keiner unserer Reisebroschüren vorkommen.“

LVR betritt Neuland in Sachen Theraphie-Erfahrung

Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) wird mit der geplanten Betreuung und Therapie der ehemals sicherungsverwahrten Schwerstkriminellen in Oberhausen Neuland betreten. Die Therapie-Erfahrungen aus den sechs forensischen Kliniken, die der LVR betreibt, können nicht ohne weiteres auf die neue Klientel übertragen werden.

In der Forensik sitzen Straftäter, die bereits zum Tatzeitpunkt psychisch krank waren. Nach Oberhausen kommen hingegen verurteilte Gewalttäter, die ihre Strafe bereits verbüßt haben, aber als psychisch gestört gelten und daher weiterhin eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellen.

Die Therapie dieser Menschen werde von den Gutachtern auf jeden Einzelfall abgestimmt, sagt Gesundheitsministeriums-Sprecher Christoph Meinerz. Fest stehe, dass die ehemals Sicherungsverwahrten in dem zur Betreuungseinrichtung umgebauten Gefängnis arbeiten, ihre Freizeit verbringen und therapiert werden.

Angst vor Freigang

Kein Hirngespinst aber ist es, dass nach 18 Monaten erste Freigänge anstehen können, wie es Bürger und Politiker befürchten. Denn das Therapie-Unterbringungsgesetz sieht explizit nach anderthalb Jahren neue Gutachten für die Gewalttäter vor. Ein Ergebnis könnte die Lockerung der Unterbringung sein. „In Oberhausen wird es aber definitiv keinen Freigang geben“, entgegnet Meinerz den Befürchtungen. Soll wohl heißen, wenn Freigang unumgänglich ist, dann wird er auf jeden Fall andernorts stattfinden.

Unterdessen wehrt sich Oberbürgermeister Klaus Wehling gegen Kritik der CDU, er habe sich nicht genug gegen die Ansiedlung des neuen Gefängnisses gewehrt. „Das ist eine Entscheidung des Landes. Ich hatte da keine Alternative, weil gesagt worden ist, dass Oberhausen im Vergleich der sicherste Standort für die Sicherungsverwahrten ist.“ Wehling verlangt nun vom Land aber eine deutliche Kompensation. „Es geht um eine zukunftsorientierte Innenstadt-Konzeption, die einen ihrer Schwerpunkte im Bahnhofsumfeld hat.“