Oberhausen. .

Das Oberhausener Gefängnis wird bis Freitag geräumt. Erst danach können psychisch gestörte Gewalttäter dort untergebracht werden. Das NRW-Gesundheitsministerium hat die JVA Oberhausen als Standort für ehemals sicherungsverwahrte Personen ausgesucht.

So schnell geht’s dann doch nicht. „Bis Freitag wollen wir die rund 80 Häftlinge, die derzeit in Oberhausen untergebracht sind, auf andere Einrichtungen verteilen“, teilte am Sonntag auf Anfrage der Sprecher des NRW-Justizministeriums Ulrich Hermanski mit. „Auf keinen Fall“ könnten bereits in dieser Woche dort die ersten rückfallgefährdeten psychisch gestörten Gewalttäter untergebracht werden.

Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) hatte OB Klaus Wehling (SPD) am Freitag vor vollendete Tatsachen gestellt und mitgeteilt, dass die Justizvollzugsanstalt neben dem Finanzamt Standort für die vorübergehende Unterbringung von ehemals sicherungsverwahrten Schwerkriminellen wird. „Ich gehe davon aus, dass bereits am Montag die erste Kommune den Antrag auf Unterbringung stellen wird“, begründete Steffens ihren Handlungsdruck. Es dürfte Dortmund sein, da dort tagtäglich mehr als 20 Polizisten auf einen Gewalttäter aufpassen.

Unterbringung für rückfallgefährdete Täter

Nach dem zum 1. Januar in Kraft getretenen Therapie-Unterbringungsgesetz können Städte das Wegsperren der frei gelassenen Gewalttäter beantragen, wenn sie diese für psychisch gestört und gefährlich halten. Gerichte können anhand Aktenlage einweisen, müssen nicht auf die erforderlichen Gutachten warten.

Es geht dabei ausschließlich um Personen, deren Urteil zu ihrer schweren Straftat – z.B. Mord, Vergewaltigung, Körperverletzung – keine Sicherungsverwahrung vorsieht, sondern die im Gefängnis auffielen und rückwirkend sicherungsverwahrt werden sollten. Genau dies hat der Europäische Gerichtshof (EGMR) verboten. In NRW gibt es 67 Gewalttäter, die bis 2019 deshalb entlassen werden müssen. 16 davon sind schon frei.

Die Entscheidung für den Standort Oberhausen hat im Übrigen allein das Gesundheitsministerium getroffen. Das Justizministerium hatte lediglich Liegenschaften vorgeschlagen. Geprüft wurde die Unterbringung der Täter auch in Moers-Kapellen und in Neuss. Allein die JVA in Oberhausen gewährleiste aber die maximale Sicherheit, begründete Steffens ihre Wahl.

Umfangreiche Umbaumaßnahmen

Gleichwohl muss vor Ort kräftig umgebaut werden. Die Zellen sind zu klein, die Gitterstäbe zu dünn und viele Glasscheiben nicht stark genug (Ausbruchs-, Körperverletzungs- und Suizidgefahr). Therapie-, Arbeits- und Gesellschaftsräume müssen gebaut werden. Sicherungsverwahrte haben einen Anspruch auf höheren Komfort als normale Häftlinge im Maßregelvollzug. Der Umbau, den das Land bezahlt, könne problemlos parallel zur Unterbringung erfolgen, heißt es.

Genau diese Aktivitäten aber sind es, die die Kommunalpolitik vor Ort sorgt. Schnell könnte aus dem Provisorium - Steffens sprach Freitag „von einem bis anderthalb Jahren“, ihr Sprecher Christoph Meinerz am Sonntag von „maximal zwei Jahren“ – eine Dauerlösung werden. Anfang 2012 – in einem Jahr also – sollte die JVA schließen. Alle Parteien hofften, dass die JVA-Fläche dann für die Erweiterung des Finanzamtes zur Verfügung stehen würde.

Während die Ministerin sich gegen den Eindruck eines Kuhhandels wehrt – Oberhausen nimmt vorübergehend Gewalttäter auf und bekommt später das Finanzamt –, geht SPD-Fraktionschef Wolfgang Große Brömer in die Offensive: „Ich erwarte nach dieser Entscheidung nicht nur eine Perspektive für das Finanzamt an dieser Stelle, sondern auch das Zugeständnis der Landesregierung, dass wir nicht länger von den Fördertöpfen abgeschnitten bleiben.“