Oberhausen. Auf bessere Zeiten hofften die Oberhausener Friseure nach der Corona-Zeit. Doch sie sind weiter unter Druck und haben nicht nur Nachwuchssorgen.

Während der Corona-Pandemie mussten Friseure lange Zeit schließen, sich danach an strenge Hygieneregeln halten. Als die Einschränkungen ein Ende nahmen, hofften wohl alle Salons, das Schlimmste überstanden zu haben. Doch inzwischen zeigt sich: Viele Betriebe stehen weiterhin unter Druck, die Lage ist, wenn man so will, äußerst haarig.

Ausgaben der Oberhausener Betriebe sind massiv gestiegen

Bernd Görg, Obermeister der Oberhausener Friseur-Innung, betreibt das Handwerk seit mittlerweile 53 Jahren, die überwiegende Zeit als selbstständiger Friseurmeister. Er kennt die Branche in- und auswendig und sagt ganz deutlich: „Die Betriebe haben inzwischen mit einer Vielzahl an Schwierigkeiten zu kämpfen“. Da sind zunächst einmal die Ausgaben. Der Anstieg der Energiekosten macht den Salons zu schaffen, das Arbeitsmaterial ist ebenfalls teurer geworden, mitunter kommen höhere Mieten dazu. Machten solche Posten früher etwa 12 bis 14 Prozent der Aufwendungen aus, „kommt man inzwischen schon auf 20 Prozent“.

Der größte Kostenblock sind und bleiben allerdings die Personalausgaben mit rund 50 Prozent. „Damit da nichts falsch verstanden wird: Gute Arbeit hat auch einen guten Lohn verdient“, unterstreicht Görg, der mit seinen 77 Jahren keineswegs ans Aufhören denkt. Dabei müsse man auch die wachsenden Lebenshaltungskosten der Beschäftigten bedenken. Gerade erst, nämlich zum 1. Mai, ist der Tariflohn wieder gestiegen, dieses Mal um 4,3 Prozent. Damit verdient eine Gesellin oder ein Geselle in der untersten Stufe, die für die ersten beiden Jahren nach der Ausbildung gilt, jetzt 2257 Euro im Monat, umgerechnet 13,20 Euro pro Stunde. In der höchsten Vergütungsgruppe kommt eine Mitarbeiterin, ein Mitarbeiter auf 2944 Euro (17,22 pro Stunde). Mit dem nächsten Tarifsprung um ein Plus von 3,8 Prozent dauert es nicht mehr lange, der steht zu Beginn des nächsten Jahres an. Aber auch Salons, die lediglich den Mindestlohn zahlen, kommen inzwischen auf 12,41 Euro pro Stunde für die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter.

Oberhausener Friseure scheuen vor Preisanhebungen zurück

Wenn auf breiter Front alles teurer wird, bleibt eigentlich kein anderer Weg übrig, als die Preise anzuheben. „Doch davor scheuen manche Friseure dann doch zurück“, weiß Görg aus zahlreichen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen. Letztlich bleibe aber keine andere Wahl, denn ansonsten könne ein Betrieb in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Dabei müsse man auch sehr behutsam vorgehen und auch Grenzen beachten. Preise wie in Düsseldorf, wo Betriebe zehn oder 20 Euro mehr für einen Schnitt nehmen als hier vor Ort, „können wir nicht verlangen“. In seinem eigenen Salon beispielsweise kostet jetzt Waschen, Schneiden und Föhnen für Frauen 54 Euro, Männer zahlen 34 Euro. Dass die Kunden sich nun den einen oder anderen Besuch sparen, um das eigene Portmonee zu schonen, kann der Obermeister nicht bestätigen. Er weiß aber davon, dass einige Betriebe nach einer Preissteigerung von solchen Entwicklungen berichten. Friseurmeister André Schroeter hat jüngst die Preise um etwa zehn Prozent angehoben. Selbst wenn der eine andere Kunde jetzt etwas seltener vorbeikommen sollte, bleibt der Oberhausener dann doch gelassen. Sein Salon sei doch nach wie vor gut gefragt. Höhere Preise lassen sich nun mal nicht vermeiden, unterstreicht auch Friseurmeisterin Heike Schumann, Kunden erkläre sie auch die Gründe und stoße auf viel Verständnis. Ansonsten laufe man Gefahr, den eigenen Betrieb zu gefährden. Sie selbst gehört einer bundesweiten Facebook-Gruppe von Friseursalons an und erfährt auf diese Weise, dass manche Betriebe aufgeben, weil sie wirtschaftlich nicht schaffen.

Friseurmeisterin Heike Schumann aus Oberhausen: Den Kunden die höheren Preise erklären.
Friseurmeisterin Heike Schumann aus Oberhausen: Den Kunden die höheren Preise erklären. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Unmut kommt daher in Branche auf, wenn Salons einen Haarschnitt für zehn oder zwölf Euro anbieten. „Wer einen solchen Betrieb in unmittelbarer Nähe weiß, hat unweigerlich das Nachsehen“, betont Görg und kommt direkt auf das Thema Steuern zu sprechen. Salons mit einem Umsatz bis 22.000 Euro müssen keine 19-prozentige Mehrwertsteuer auf ihre Dienstleistungen erheben, Betriebe, die darüber liegen schon. Da können die kleineren Salons natürlich billiger sein, sagt der Obermeister. Schon seit vielen Jahren versuche gerade auch die Innung, den Gesetzgeber zu einer Änderung zu bewegen, bislang ohne Erfolg. „Über lange Zeit war die Regelung einfach nur ärgerlich. Wenn aber jetzt Salons immer häufiger in der finanziellen Klemme stecken, ist eine Korrektur dringend erforderlich“.

Die Zahl der Auszubildenden ist drastisch geschrumpft

Eine weitere Sorge bereitet den Friseuren der Fachkräftemangel. In früheren Zeiten haben die Betriebe einen Teil des Personals dadurch gewonnen, dass sie junge Menschen ausbildeten. Doch die Zahl der Azubis ist drastisch geschrumpft. In diesem Sommer legen in Oberhausen voraussichtlich nur noch sechs bis acht junge Leute ihre Prüfung ab. „Es noch nicht so lange her, da waren es doppelt so viele“. Einen solchen Schwund beklagt bekanntlich nicht nur die Friseurbranche, „das gesamte Handwerk leidet unter einem drastischen Rückgang“, betont Görg. „Bei uns sind es unter anderem die Arbeitszeiten, die junge Menschen wenig attraktiv finden, weil die Salons bis in den späten Nachmittag und meist auch samstags geöffnet haben“. Der Obermeister hält aber dagegen, denn es gebe schließlich Ausgleichsstunden und montags „sind die meisten Salons geschlossen. Er wünscht sich grundsätzlich, dass die Branche noch stärker die Pluspunkte des Berufs herausstellen sollte. Dazu zählt er den Kontakt zu den Kunden, aber auch die Möglichkeiten, sich noch weiter zu qualifizieren. „Ferner bekommen die Mitarbeiter auch einiges an Trinkgeld, das sie behalten dürfen“.

Marcus Becks und Markus Mettbach-Becks, die seit fünf Jahren gemeinsam den Salon „me.be Friseure“ in Oberhausen betreiben, haben früher an einer Meisterschule unterrichtet. Nach ihrer Ansicht sollten die Betriebe vor allem auf die Bezahlung achten, um Auszubildende zu finden. Gerade aus ihrer Zeit der Lehrtätigkeit wissen sie, dass ein zu geringer Lohn junge Leute abschrecken kann.

>>>>>>>>>>>>>>Stichwort Friseur-Innung

Der Oberhausener Friseur-Innung gehören noch 58 Betriebe an, vor wenigen Jahren waren es mit 120 Salons doppelt so viele. Friseure verabschieden sich meist dann, wenn sie nicht mehr ausbilden. Solange sie noch Azubis beschäftigen, die Prüfungen ablegen, verringern sich bei einer Mitgliedschaft die Kosten ganz erheblich. Die Entwicklung findet Bernd Görg sehr bedauerlich und stellt heraus, dass die Innung auch noch zahlreiche weitere Vorteile zu bieten hat, wie etwa wichtige Informationen für die Betriebe oder auch deren Interessenvertretung.

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