Oberhausen. Esther Filarsky aus Oberhausen ist Jahrgangsbeste. Die 29-jährige Mutter musste auf ihrem Weg viele Vorurteile überwinden. Ein Porträt.

Zwei Dinge kann man am Osterfelder Bahnhof ziemlich gut. Den nächsten Zug nehmen, um von der schlechtesten Haltestelle Oberhausens schnell wegzukommen. Und zum Friseur gehen. Wenige Meter entfernt vom Eingang befindet sich das Lokal Krey Friseure, eine Adresse für gutes Handwerk. In den hellen, warmen Räumen hängen an der Wand die silbernen Meisterbriefe von Inhaberin Manuela Krey. Wer hier hingeht, braucht keinen Haarschnitt für zehn Euro.

Auf einer Bank am Fenster sitzt Esther Filarsky, tätowiert, mit einer auffälligen Frisur und langen schwarzen Fingernägeln. „Ich möchte immer genau wissen, was ich da tue und wie ich es tun kann“, sagt die Oberhausenerin. Die 29-Jährige ist ebenfalls Meisterin, aber nicht irgendeine. Bei einer Veranstaltung in Düsseldorf wurde sie von der Handelskammer als Jahrgangsbeste ausgezeichnet. Ihr Lebensweg ist so ungewöhnlich wie ihr Auftreten.

Oberhausener Friseurin: Berufswunsch machte Vater zu schaffen

Ihre Leidenschaft fürs Frisieren war früh erkennbar. Wenn andere in der Grundschule ihr Taschengeld für Süßes ausgaben, ging sie zum nächsten Schlecker und kaufte sich Wimperntusche, erzählt Esther Filarsky. „Ich wusste genau, was ich durfte.“ Ihr Vater, Inhaber eines Schmachtendorfer Reisebüros und Jäger, musste eines Tages akzeptieren, dass der Familienhund eine rosa Rute hatte. Der Berufswunsch seiner Tochter machte ihm allerdings mehr zu schaffen. „Für meinen Vater war der Beruf des Friseurs was für Doofe.“

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Esther Filarsky belehrte ihn eines Besseren. Friseurin, sagt sie, ist mehr, als nur Haare zu schneiden. Es gehe um Chemie, um Physik, um die Zusammensetzung und Wirkung von Stoffen. „Manchmal zerdenke ich es vielleicht auch etwas“, sagt sie lächelnd über sich, „und nerve damit die Kolleginnen.“ Eine Friseurin könne vielfältiges Wissen in ihrer Arbeit verbinden: Technologie, Medizin, Psychologie. „Ich wollte immer tiefer gehen.“

Friseurin erlebt Vorurteile gegen junge Mütter

Die Meinung ihrer Eltern stellte ein weitaus geringeres Hindernis dar als die Vorurteile gegenüber jungen Müttern, denen sie später begegnete. Nach dem ersten Lehrjahr bekam sie eine Tochter und musste ihre Ausbildung ruhen lassen. Als sie sich danach für die Fortsetzung bewarb, verzichtete sie im Lebenslauf auf das Nennen ihrer Schwangerschaft. „Ich wollte nur nach meinen Leistungen bewertet werden.“ Erst als sie zum Bewerbungsgespräch eingeladen wurde, deckte sie auf, dass sie Mutter eines kleinen Kindes war. Sie bekam den Job und konnte in nur einem Jahr ihre Ausbildung beenden.

Esther Filarsky möchte im Salon weiterarbeiten. Aber sie möchte auch junge Nachwuchskräfte fördern.
Esther Filarsky möchte im Salon weiterarbeiten. Aber sie möchte auch junge Nachwuchskräfte fördern. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Esther Filarsky ging weiter ihren Weg, mit Kind und Zielen. „Andere haben mir gesagt: Das kann nicht klappen, das kannst du nicht schaffen“, erzählt sie. Auch ihre Chefin ist beeindruckt: „Das muss man wirklich wollen.“ Schon für Nicht-Mütter sei die Meister-Ausbildung eine Herausforderung. Esther Filarsky ist seit zwei Jahren alleinerziehend. Nach der Schule passen oft ihre Eltern auf ihre heute siebenjährige Tochter auf. Als sie die praktischen Prüfungen ablegen sollte, bekam ihr Kind Scharlach. Der Unterricht ging oft von neun bis 18 Uhr, an Feiertagen und am Wochenende musste sie lernen und sich vorbereiten. „Ich war schon immer ambitioniert“, sagt sie.

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Friseurin will anderen jungen Frauen Mut machen

Esther Filarsky will anderen jungen Frauen Mut machen, an ihrem Weg festzuhalten. Sie überlegt, als Dozentin in der Berufsförderung zu arbeiten. Eines möchte sie aber nicht missen: „Die Arbeit im Salon.“