Oberhausen. Wie soll man der steigenden Jugendkriminalität begegnen? Vorfälle beunruhigen die Gesellschaft. Diese konkreten Vorschläge liegen auf dem Tisch.
- Die Jugendkriminalität wird zu einem immer größer werdenden Problem
- Immer wieder kommt es sogar zu Tötungsdelikten
- Die Forderungen: Stärkung der Justiz und der Prävention
Zwei Basketball-Spieler aus der Ukraine werden am Oberhausener Hauptbahnhof von jugendlichen Tätern erstochen. In Dortmund soll ein gerade einmal 13 Jahre alter Junge einen Obdachlosen getötet haben. An der Langemarkstraße in der Oberhausener Innenstadt malträtiert eine Jugendgang die Geschäftsleute: Gewalttaten und andere Verbrechen von jugendlichen Tätern erschüttern dieser Tage die Gesellschaft. Doch wie lässt sich Jugendkriminalität erfolgreich bekämpfen?
Erneut melden sich zwei Parteien in der aktuellen Debatte zu Wort – mit konkreten Beispielen, um die Jugendkriminalität im Land zu bekämpfen. „Die Politik ist gefordert“, sagt die Oberhausener SPD-Landtagsabgeordnete Sonja Bongers – und hält die bisherigen Maßnahmen für nicht ausreichend. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) „hat sich zwar vollmundig als Sheriff inszeniert, jedoch gerät dieses Bild nun ins Wanken. Die Kriminalität in NRW steigt weiter an.“ Bongers, die auch SPD-Fraktionschefin im Oberhausener Stadtrat ist, fordert andere Wege.
„Wir brauchen eine zügige Strafverfolgung der Täter oder Täterinnen“, sagt sie. Diese finde derzeit – vor allem aufgrund der erheblichen Überlastung in der Justiz – nach wie vor zu oft in unzureichender Geschwindigkeit statt. „Wenn unser Rechtsstaat seine Glaubwürdigkeit behalten soll, muss er jedoch ein klares Stoppsignal setzen.“ Es entstehe eine fatale Signalwirkung, wenn Täter den Eindruck bekommen, dass nach ihren Taten nicht viel passiert. Strafverfolgungsbehörden und Gerichte müssen nach Bongers‘ Ansicht personell gestärkt werden.
Haus des Jugendrechts: Sieben Einrichtungen in NRW
Ein guter Ansatz seien die sogenannten Häuser des Jugendrechts: Durch den Zusammenschluss von Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendhilfe und Jugendgerichtshilfe werde das Zusammenwirken der verantwortlichen Akteure deutlich verbessert. Auch Oberhausen hat so ein Haus des Jugendrechts, beheimatet im Postgebäude gegenüber dem Hauptbahnhof. Sieben solcher Einrichtungen gibt es derzeit in ganz NRW, Bongers fordert die Ausweitung dieses Projektes.
Die Rechtsexpertin will auch Schulleiter in die Pflicht nehmen: Schulverweigerer sollen den Behörden gemeldet werden. Zudem sollen landesweit spezielle Wohngruppen für jugendliche Intensivtäter eingerichtet werden, „da für diese Tätergruppe eine klare Tagesstruktur, eine engmaschige Betreuung sowie eine schnelle Interventionsmöglichkeit sichergestellt sein muss“.
Die Oberhausener Linken kritisieren derweil, dass die Debatte über jugendliche Täter zu populistisch verlaufe. Mit Blick auf die Jugendgang in der Oberhausener Innenstadt sagt der Ratsfraktionsvorsitzende Yusuf Karacelik: „Es muss selbstverständlich sein, dass die Geschäftsleute in der Langemarkstraße und alle Menschen in unserer Stadt sich sicher fühlen können. Allerdings ist es absolut kontraproduktiv, wenn Parteien wie die CDU mit populistischen Forderungen um sich werfen und nach härteren Strafen und Kameraüberwachung für Jugendliche rufen.“
Die Linke: Ursache für Jugendkriminalität ist steigende Armut
Karacelik plädiert dafür, die Debatte zu versachlichen und an langfristigen Lösungen zu arbeiten. Das Problem der Jugendkriminalität sei vor allem ein soziales Problem. Steigende Jugendkriminalität sei eine Begleiterscheinung steigender Armut: „Wer sich auch in jungen Jahren zeitlebens abgehängt und isoliert fühlt, ist unter Umständen anfälliger für Kriminalität“, meint der Linken-Politiker. Dem müsse entgegengewirkt werden, ohne die Situation zu rechtfertigen oder zu dramatisieren.
Er begrüßt, dass verstärkt Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter eingesetzt werden sollen. Auch Familienhilfen könnten unterstützend wirken. „Darüber hinaus muss allen Jugendlichen eine Lebensperspektive jenseits von Armut und Ausgrenzung geboten werden. Dazu gehört neben guter Bildung und Berufsmöglichkeiten vor allem, dass Löhne oder soziale Leistungen den Familien ein gutes und angstfreies Leben ermöglichen.“ Hier sei die Bundespolitik in der Pflicht.
Ein schnelleres Eingreifen von Polizei und Ordnungsdienst hatte zuvor bereits die Oberhausener CDU gefordert. Der Kreisvorsitzende Wilhelm Hausmann hatte das bisherige Vorgehen deutlich kritisiert und von mangelndem Einsatz gesprochen. Nach einem Krisentreffen aller Beteiligten mit der Oberhausener Stadtspitze versprach die Behörde eine erhöhte Präsenz in der Innenstadt. Und tatsächlich berichten Anwohner und ansässige Geschäftsleute von deutlich mehr uniformierten Beamten und Polizeiwagen in den vergangenen Wochen.
Dass Polizei und Staatsanwaltschaft den Druck erhöhen, belegt auch ein jüngster Einsatz in Oberhausen und Duisburg: Kräfte durchsuchten mehrere Wohnungen, nachdem Jugendliche in den sozialen Netzwerken Bilder von mutmaßlichen Schusswaffen veröffentlicht hatten. Polizeisprecher René Anhuth hofft, dass dadurch auch Eltern sensibilisiert würden. „Was in sozialen Netzwerken geteilt wird, kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen“, sagte er der Redaktion auf Anfrage.
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